
Der erschreckende Klang des Galgens wird im Iran immer lauter. Allein im Oktober exekutierte das Klerikerregime mindestens 285 Menschen – eine entsetzliche Zahl, die auch Frauen und sogar einen Minderjährigen umfasst. Für den unbeteiligten Beobachter mag diese Brutalität wie eine Machtdemonstration wirken. Doch für diejenigen, die die inneren Machtverhältnisse im Iran verstehen, ist diese Zunahme staatlich sanktionierter Tötungen kein Zeichen von Stärke, sondern ein verzweifelter Versuch eines Regimes, dessen Legitimität am Rande steht.
Die Wurzel dieser Verzweiflung liegt im unerbittlichen Zorn des iranischen Volkes. Die landesweiten Aufstände der letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass die Bevölkerung die Nase voll hat – erschöpft von jahrzehntelanger Unterdrückung, erdrückender Armut , systemischer Ungerechtigkeit und der dreisten Korruption, die die staatlichen Institutionen ausgehöhlt hat. Sie sehen zu, wie der immense Reichtum ihres Landes, von den Öleinnahmen bis hin zu den Bodenschätzen, für Kriegstreiberei im Ausland und die nuklearen und Raketenambitionen des Regimes verschwendet wird, während sie selbst ums Überleben kämpfen.
Diese tiefe gesellschaftliche Unzufriedenheit spiegelt sich in wachsenden Spaltungen innerhalb der herrschenden Elite wider. In einem überraschenden Eingeständnis räumte Ex-Präsident Hassan Rouhani kürzlich ein, dass das derzeitige Parlament lediglich die Unterstützung von 10 % der Bevölkerung genießt – eine Zahl, die die langjährige Analyse der Opposition zur brüchigen Legitimität des Regimes bestätigt. Das Regime ist fundamental instabil und unfähig, den freien Fall der nationalen Wirtschaft aufzuhalten oder die chronischen Engpässe bei Strom, Wasser und Gas zu bewältigen, die das tägliche Leben lahmlegen.
The shocking rise in executions has nothing to do with any judicial process. It is a political decision made by Khamenei himself. His goal is to prevent new uprisings and to delay the inevitable fall of the regime. pic.twitter.com/SwXf41rwdl
— Maryam Rajavi (@Maryam_Rajavi) October 31, 2025
In diesem instabilen Klima ist der Galgen zu Khameneis wichtigstem Herrschaftsinstrument geworden. Aus Angst, die Glut des letzten Aufstands könnte ein neues, noch verheerenderes Inferno entfachen, hat das Regime die Todesstrafe als Waffe eingesetzt, um ein Klima des Terrors zu schaffen. Das Ziel ist einfach: die Bevölkerung einzuschüchtern und künftige Proteste im Keim zu ersticken, indem demonstriert wird, dass Widerspruch mit dem Tod bestraft wird.
Diese Strategie zielt insbesondere auf organisierten Widerstand ab. Das Regime geht nicht nur gegen einzelne Demonstranten vor, sondern verurteilt systematisch politische Gefangene zum Tode, oft aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur größten Oppositionsgruppe, den Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK). Es handelt sich hierbei nicht um Gerichtsverfahren, sondern um politische Morde, die von einer Justiz sanktioniert werden, die als verlängerter Arm des Sicherheitsapparats fungiert. Fälle wie der von Ehsan Faridi, einem 22-jährigen Studenten, dessen Berufung Berichten zufolge in weniger als einer Stunde abgelehnt wurde, oder von Zahra Tabari , deren Videokonferenz-„Prozess“ lediglich zehn Minuten dauerte, entlarven die Farce des iranischen Justizsystems. Würde sich dieses Regime auch nur an die grundlegendsten internationalen Standards für ein faires Verfahren halten, würde sein Fundament zusammenbrechen.
Doch trotz des Terrors bleibt der Widerstandsgeist ungebrochen. Seit über 94 Wochen treten Gefangene in Dutzenden von Gefängnissen an den „Dienstagen gegen die Hinrichtung“ in den Hungerstreik. Auf den Straßen halten Lehrer, Arbeiter und Rentner mutig Schilder hoch, die die Todesstrafe verurteilen und den Behörden eine klare Botschaft senden: „Versucht nicht, uns einzuschüchtern.“
Today, Oct 17, 2025 — 1,500 death-row prisoners in Unit 2 of Ghezel Hesar Prison are on their 5th day of a hunger strike to protest mass executions and demand justice. The regime, trapped in a deadly impasse — unable to stop the killings or contain public anger — has resorted to…
— Mohammad Mohaddessin (@Mohaddessin) October 17, 2025
Die internationale Gemeinschaft kann es sich nicht länger leisten, dieser Brutalität tatenlos zuzusehen. Die Zeit stiller Diplomatie ist vorbei. Die Weltmächte – insbesondere die Europäische Union – müssen entschlossen handeln. Irans eklatante Menschenrechtsverletzungen müssen dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden. Der Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit muss angewendet werden, um die Verantwortlichen des Regimes für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen. Und es muss unnachgiebiger Druck ausgeübt werden, um internationalen Menschenrechtsorganisationen unverzüglich Zugang zu iranischen Gefängnissen zu gewähren.
Letztlich haben die Ereignisse des vergangenen Jahres bewiesen, dass die drei Säulen des Klerikerregimes – Repression im Inland, Terrorismus im Ausland und das Streben nach einer Atombombe – nur mit dem Regime selbst beseitigt werden können. Wenn eine Regierung ihre Gefängnisse in Hinrichtungsstätten verwandelt, hat das iranische Volk ein unbestreitbares Recht, sich zu verteidigen und für eine demokratische Zukunft zu kämpfen. Die Anerkennung dieses fundamentalen Rechts ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern eine strategische Notwendigkeit für die regionale und globale Sicherheit. Die steigende Zahl der Hinrichtungen ist das Todesröcheln einer sterbenden Tyrannei. Die Welt muss sich entscheiden, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen – an der Seite des iranischen Volkes, nicht an der Seite seiner Unterdrücker.
