Thursday, January 23, 2025
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Iran: Zerrissen von internen Kämpfen und wirtschaftlichem Kollaps

DATEIFOTO: Heftige Machtkämpfe im Parlament des Regimes der Religionsfreiheit

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Das Kleriker Regime im Iran ist in einem heftigen internen Machtkampf verstrickt, während wirtschaftliches Chaos und öffentliche Unzufriedenheit ein beispielloses Maß erreicht. Die Fraktionen im Parlament sind in einem bitteren Wettkampf gegenseitiger Schuldzuweisungen eingeschlossen und benutzen Drohungen mit Amtsenthebungsverfahren gegen wichtige Minister im Kabinett Massud Peseschkians, wobei sich jeder selbst dagegen abschirmen will, dass er zur Rechenschaft gezogen wird. Zugleich trägt das iranische Volk die Hauptlast einer in den Himmel schießenden Inflation, eines Verfalls des Währungskurses und von Lebensbedingungen, die immer schlimmer werden.

Amtsenthebungsverfahren als politische Waffe

Die wirtschaftliche Krise unter dem Regime hat Rufe nach Amtsenthebungsverfahren gegen mehrere Minister angefacht. Das Parlament hat schon solche Verfahren gegen den Finanzminister Abdolhassan Hemmati eingeleitet, wobei mehr als  70 MPs den Antrag mitunterzeichnet haben. Der Öl- und der Arbeitsminister sind ebenso unter Feuer genommen worden für das ihnen zugeschriebene Versagen bei der Behandlung der Treibstoffknappheit und der Arbeitslosigkeit.

Lotfollah Siakali, ein ehemaliges MP, hat wegen des wirtschaftlichen Missmanagements des Regimes Alarm geschlagen: „Wenn der Dollar die Marke von 90 000 Toman erreicht, wird ein wirtschaftlicher Kollaps unvermeidlich sein“, warnte er. „Die Menschen haben keine Reserven mehr, um einer weiteren Welle der Inflation standzuhalten. Die Situation ist gefährlich“.

Stromausfälle und Energieknappheit kommen bei der Krise zusammen. Ali-Akbar Alvandian, Sekretär der Assoziation der Zementindustrie, enthüllte, dass 20 von 100 aktiven Zementöfen wegen der Knappheit an Treibstoff und Elektrizität zugemacht haben. „Das betrifft nicht nur den Zement, der ganze industrielle Sektor fällt in sich zusammen“, führte er aus.

Gegenseitige Schuldzuweisungen und Zwist im Parlament

Die inneren Kämpfe haben innerhalb des Regimes einen Höhepunkt erreicht. MPs beschuldigen sich gegenseitig der Vernachlässigung ihrer Pflichten.  In einer hitzigen Sitzung teilte Mohammad Sabbaghian, ein Kritiker der Führung des Parlaments, gegen Mohammad Bagher Ghalibaf aus. „Sie sind ein Diktator – ja ein Diktator!“, rief Sabbaghian aus, bevor sein Mikrofon abrupt abgeschaltet wurde. „Was sagen die Menschen auf den Straßen und Alleen? Sie werden aufgerieben”.

Dschafar Qaderi, ein MP aus Schiras, kritisierte die Regierung für ihre fehlende Zusammenarbeit mit dem Parlament, die er feststellt. „Wenn die Regierung über Einigkeit spricht, aber anders handelt, werden MPs frustriert und  streben nach Amtsenthebung“, meinte er und hob die politische Motivation hinter den Schritten hervor.

Hossein Nushabadi, ein loyaler Anhänger des Regimes, verwarf die Bemühungen um Amtsenthebungen als kontraproduktiv. „Druck auf die Regierung auszuüben wird nur die allgemeine Angst vermehren“, äußerte er. Jedoch sind viele MPs weiter entschlossen, den Druck zu erhöhen und Amtsenthebungsverfahren als Mittel zu benutzen, um die Schuld von den Fehlschlägen des Regimes abzulenken.

In einem scharfen Meinungsaustausch bei den Debatten im Parlament antwortete MP Mohammadreza Ahmadi auf die Kritik von Massud Peseschkian an den rivalisierenden Fraktionen, die seiner Meinung nach versuchten, seiner Administration unqualifizierte Manager aufzunötigen. Darauf erwiderte Ahmadi: „Herr Peseschkian, hüten Sie sich davor, etwas zu sagen, was die Feinde dieses Systems und die Heuchler glücklich machen würde“.

Heuchler ist ein abwertender Ausdruck, den das Regime benutzt, um die Organisation der Volksmudschahedin des Iran zu kennzeichnen mit dem Ziel, die Oppositionsgruppe in der iranischen Gesellschaft zu diskreditieren.

Parlamentarisches Chaos und Verzweiflung in der öffentlichen Meinung

Die  staatlichen Medien haben auch die Disfunktionalität innerhalb des Regimes hervorgehoben. Die Zeitung Ham-Mihan [„Landsmann], die den Verbündeten von Peseschkian nahesteht, beschuldigte die Parlamentarier, „Ausflüchte“ zu benutzen, statt die Krisen im System in Angriff zu nehmen. „Das Parlament ist nicht in der Lage, auch nur ein paar Monate an politischer Stabilität nach der Billigung der Minister zu erreichen“, schreibt sie. „Das Mittel der Amtsenthebungsverfahren wird missbraucht, um die Regierung einzuschüchtern und ist Zeitverschwendung“.

Unterdessen wächst die allgemeine Unzufriedenheit weiter an. Während Inflation und Arbeitslosigkeit zunehmen, verlassen immer mehr professionelle Fachkräfte wie Ärzte und Apotheker das Land. Modschtaba Burbur, Sprecher der Assoziation der Pharmaka-Importeure, hob diesen Exodus hervor: „Apotheker können sich bei den jetzigen Entgelten nicht selber erhalten“, erklärte er. „Sie entscheiden sich dafür, wegzugehen, und andere Länder sind eifrig dahinter her, sie zu rekrutieren“.

Ein weiterer Schlag für die öffentliche Moral ist es, wenn die Preise für Treibstoff sich weiter erhöhen. Emad Rafiei, ein Berater des Ölministeriums, gab bekannt, dass importiertes Superbenzin von 40 000 bis 50 000 Toman pro Liter kosten werde, womit auf normale Bürger ein verschärfter Druck ausgeübt wird.

Keine Entlastung in Sicht

Während sich die Fraktionen des Regimes eine Schlacht um die Kontrolle liefern, gilt ihr Hauptaugenmerk eher der Konsolidierung der Macht als der Erleichterung des Leidens in der Bevölkerung. Parlamentarische Aktionen wie Amtsenthebungsverfahren scheinen mehr das Ziel zu haben, politisch Punkte zu sammeln als die systemischen Probleme zu lösen, die das Land plagen.

Wie Siakhali bitter beobachtet hat: „Wirtschaftlicher Kollaps stellt nicht länger eine Warnung dar – er wird Wirklichkeit“. Für das iranische Volk, das in der Falle steckt zwischen einer versagenden Wirtschaft und einem Regime, das sich in inneren Kämpfen erschöpft, wird die Situation zunehmend unerträglich und treibt es zum unvermeidlichen Aufstand und Regimewechsel.