Französische Parlamentarier berieten mit Führung des iranischen Exilwiderstands
Von Ralf Klingsieck, Paris
Neues Deutschland – Wie kann eine demokratische Umgestaltung in Iran eingeleitet und unterstützt werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Treffens französischer Abgeordneter mit Vertretern des iranischen Exilwiderstands.
Die Situation in Iran und die Politik der gegenwärtigen Regierung in Teheran müssten für die internationale Öffentlichkeit Anlass zu ernster Sorge sein und die Frage aufwerfen, wie man dem iranischen Volk helfen könne, eine demokratische Wende herbeizuführen. Das war der Tenor auf einem parlamentarischen Kolloquium in der vergangenen Woche in Paris, an dem Abgeordnete aller Fraktionen der Nationalversammlung teilnahmen. Als Gäste hatten sie Maryam Radjavi, die vom Nationalen Widerstandsrat Irans gewählte Exilpräsidentin der Republik, und andere in Frankreich lebende Exilpolitiker eingeladen.
Maryam Radjavi berichtete über das blutige Vorgehen gegen Proteste von Studenten der Teheraner Universität, die demokratische Rechte gefordert hatten. Bei Demonstrationen benachteiligter nationaler Minderheiten in vier Provinzen im Norden und Osten des Landes kamen in der Stadt Naghadeh zehn Demonstranten ums Leben, informierte die Exilpräsidentin weiter. In der südwestiranischen Stadt Ahwaz wurden Teilnehmer von Protesten, die Anfang des Jahres stattgefunden hatten, zum Tode verurteilt und öffentlich gehenkt. Solche demonstrativen Exekutionen nähmen zu und sollten die Bevölkerung einschüchtern, betonte Maryam Radjavi. »Die Botschaft der Proteste ist klar: Die Iraner wollen Veränderungen und sind bereit, sich dafür mit ihrer ganzen Person einzusetzen. Dagegen verstärkt das Mullah-Regime die Repression im Inneren, während es gleichzeitig Integrismus und Terrorismus exportiert, nicht zuletzt, um von seinen Problemen im Lande abzulenken.«
Auf Demonstrationen am 1. Mai hätten Arbeiter nicht nur Sicherheit für ihre Arbeitsplätze gefordert, sondern auch das Atomprogramm der Regierung abgelehnt, erläuterte die Politikerin. »Das Nuklearprogramm der Mullahs ist heute die größte Herausforderung für die internationale Gemeinschaft. Es geht darum, ob eine Diktatur religiöser Integristen Zugang zu Atomwaffen bekommt.«
Maryam Radjavi kritisierte, dass demokratische Staaten seit 20 Jahren Teheran gegenüber eine Politik wohlwollender Nachsicht geübt hätten. Das andere Extrem sei die Drohung der USA mit einer militärischen Intervention, die jedoch die ganze Region in Brand setzen und möglicherweise in einen Weltkrieg münden würde. Die Exilpolitikerin forderte einen »dritten Weg« der Anerkennung und Unterstützung der Kräfte des Widerstands im Inneren Irans und im Ausland, damit das iranische Volk selbst eine demokratische Wende vollziehen könne.
Die Parlamentarier verurteilten in der Diskussion entschieden die Menschenrechtsverletzungen, die Einmischung in Irak und vor allem das »atomare Rüstungsprogramm der Regierung in Teheran«. In einer gemeinsamen Erklärung unterstützten sie den Appell von Maryam Radjavi an die französische Regierung, im Rahmen der EU dem Regime in Teheran »mit fester und deutlicher Sprache entgegenzutreten und eine neue Politik gegenüber dem iranischen Volk und seinem Engagement für einen demokratischen Wandel und die Sicherung der grundlegenden Freiheiten zu verfolgen«.