Spiegel, 13 November – Der Iran ist bei seinem Streben nach Atomwaffen offenbar bedeutend vorangekommen. US-Vertreter berichteten einer Nachrichtenagentur von neuem Beweismaterial. Einer Zeitung zufolge verfügt der US-Geheimdienst über mehr als 1000 Seiten Informationsmaterial aus iranischen Quellen.
Washington – Die "New York Times" schrieb in ihrer Internet-Ausgabe, US-Geheimdienstmitarbeiter hätten Mitte Juli hochrangige Vertreter der IAEA in Wien zu einem Treffen geladen. Dabei hätten sie ihnen den Inhalt eines gestohlenen iranischen Laptops vorgeführt: Daten von mehr als 1000 Seiten iranischer Computer-Simulationen und Berichte über Experimente.
Die Daten zeigten den US-Teilnehmern zufolge die langen Bemühungen des Iran, einen atomaren Sprengkopf zu bauen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer des Treffens. Es seien die bislang aussagekräftigsten Beweise dafür, dass der Iran trotz gegenteiliger eigener Bekundung am Bau eines Sprengkopfes für seine Schahab-Rakete arbeite. Diese reicht bis nach Israel. Der Iran bestreite die Vorwürfe: "Wir sind sicher, dass es solche Dokumente im Iran nicht gibt", zitierte die Zeitung Ali Laridschani, den Chefunterhändler des Landes bei den Atomgesprächen.
Schahin Gobadi, ein Sprecher einer iranischen Oppositionsgruppe, sagte, auch seine Gruppe habe Belege dafür, dass der Iran am Bau atomarer Sprengköpfe arbeite. Die Vereinigung hatte die geheimen Atomaktivitäten des Iran im Jahr 2002 enthüllt. Den gestohlenen Laptop habe seine Gruppe jedoch nicht beschafft.
Ein US-Vertreter bestätigte der Nachrichtenagentur Reuters, dass in den vergangenen Monaten der UN-Atomenergiebehörde IAEA sowie einigen wichtigen Ländern neues Beweismaterial vorgelegt worden sei. Ein weiterer US-Vertreter sagte der Agentur, das sei ein weiterer Beleg dafür, dass der Iran nach Atomwaffen strebe. Genauere Angaben zu den Unterlagen machten die Vertreter nicht.
Den beiden Reuters-Informanten zufolge dürfte der internationale Druck auf den Iran im Streit um sein Atomprogramm weiter steigen. Der Islamischen Republik drohen Sanktionen, die der UN-Sicherheitsrat beschließen kann. Atomexperten haben in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass angesichts der Erfahrungen mit den angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak US-Geheimdienstmaterial zu Iran besser mit Vorsicht zu genießen sei.