Saturday, July 27, 2024
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EP fordert, Teheran zur Verantwortung zu ziehen, die Führer der EU sollten entsprechend handeln

Von Alejo Vidal Quadras

Als ich Vizepräsident des Europäischen Parlaments war, dachte ich immer, dass diese Institution die letzte Bastion sei, um unsere europäischen Werte der Menschenrechte und der Humanität zu verteidigen. Am Donnerstag haben meine Kollegen im Europäischen Parlament einmal mehr den Geist der Institution geehrt und ein Ende der Verletzungen der Menschenrechte im Iran gefordert.
Anna Fotyga, mit der ich das Vergnügen hatte, in verschiedenen Projekten zusammenzuarbeiten – in erster Linie für die Förderung der Menschenrechte im Iran im Zusammenhang mit der überparteilichen Gruppe Friends of a Free Iran [Freunde eines freien Iran] – hat in einer Rede betont: „Über die politischen Unterschiede hier im Europäischen Parlament hinweg erheben wir unsere Stimme für die Verteidigung des iranischen Volkes“.
Unter Verweis auf das Massaker von 1988 an über 30 000 iranischen politischen Gefangenen unterstrich Frau Fortyga: „Es gibt laufende Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wir sprechen über die sogenannte Todesstrafe, aber was für eine Strafe ist das? In vielen Fällen ist es nur ein außergerichtliches Verbrechen und sind es einfach rasche Hinrichtungen ohne auch nur den Vorwand von Verfahren der Justiz oder in einem Gericht“.
MEP Susanna Ceccardi von der Partei für Identität und Demokratie hat auch den Völkermord von 1988 an tapferen Iranern verurteilt, von denen viele junge Männer und Frauen waren, manche noch in der Oberschule oder im College.
Die Worte Frau Ceccardis, die eine neue Generation im Europäischen Parlament repräsentiert, haben wieder einmal bestätigt, dass unsere Werte und der Sinn für Verantwortlichkeit gegenüber den Menschenrechten zeitlos und generationenübergreifend sind.
Meine Kollegen im Europäischen Parlament haben eine Resolution verabschiedet, in der die empörenden Verletzungen der Menschenrechte im Iran verurteilt werden. Die Resolution unterstrich, dass „im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2021 mindestens 275 Menschen im Iran hingerichtet wurden, darunter zwei minderjährige Straftäter und zehn Frauen“ und fügt hinzu: „seit Ebrahim Raisi im August 2021 das Amt des Präsidenten übernommen hat, gab es einen bedeutenden Anstieg in der Zahl der Hinrichtungen, darunter auch solche von Frauen“.
Diese Appelle an die Pflicht, zur Verantwortung zu ziehen, kommen zu einer Zeit, wo europäische Führer, hauptsächlich der Hohe Vertreter der EU Josep Borrell, sich jede erdenkliche Mühe geben, den sehr fehlerhaften Atomvertrag von 2015 mit dem iranischen Regime wieder zu beleben, auch wenn alles darauf hindeutet, dass Teheran fest entschlossen ist, die Atombombe zu bekommen.
In seiner Erklärung vom 10. Dezember 2021 unterstrich Herr Borrell: „Der Tag der Menschenrechte erinnert uns daran, dass die Menschenrechte universell gelten, unteilbar, unveräußerlich, unabhängig und miteinander verwoben sind. Er erinnert uns daran, dass diese Rechte nicht als selbstverständlich gegeben vorausgesetzt werden können und dass sie beständig verteidigt werden müssen“.
Wenn es sich aber um die Mullahs in Teheran handelt, weichen Borrell und leider auch andere europäische Führer von ihren Lippenbekenntnissen der Verteidigung der Menschenrechte ab. Sie hängen irrtümlich dem Glauben an, dass sie durch Verhandlungen mit Teheran die Kontrolle über einige seiner verhängnisvollen Aktivitäten bekommen und es daran hindern können, in der Region Chaos zu schaffen.
Dem derzeitigen Verhalten der EU gegenüber dem Regime fehlt es an Strenge und konkreten Schritten. Mit einem Regime zu verhandeln, das pro Kopf am meisten Menschen hinrichtet und das einen Kriminellen wie Ebrahim Raisi zum Präsidenten hat, repräsentiert ein erniedrigendes Debakel für unsere demokratischen Werte. Das schwache Verhalten der EU erlaubt den Mullahs in Teheran, ihre nukleare Erpressung fortzusetzen, indem sie ihre Verpflichtungen aus den Bestimmungen des Atomvertrags von 2015 brechen, und weiter ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit innerhalb des Iran begehen.
In der Parlamentssitzung vom Donnerstag erinnerte Javier Zarzalejos aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei unsere Führer daran, dass „wir uns nicht blindstellen können“ gegenüber der „empörenden Repression, dem erzwungenen Verschwinden-lassen und den massenhaften Hinrichtungen politischer Dissidenten beim Massaker von 1988 und der Feststellung, dass es keine Untersuchung und kein zur Rechenschaft ziehen wegen dieser Verbrechen gegeben hat, das den heutigen Führer des Iran an vorderster Stelle einbezogen hat“.
Anna Fortyga hat auch den Europäischen Politikern das Signal gegeben: „Worte sind nicht genug. Es ist nötig, dass wir handeln, weil das, was wir im Iran sehen – auch mit dem Finanzieren von Terroristen im Ausland und der Einmischung in der Region und sogar in unser eigenes Territorium – unser Handeln und sehr starke Sanktionen erforderlich macht“.
Wenn wir Teheran nicht zur Verantwortung ziehen für seine Verbrechen, würde jeder Vertrag brüchig und das würde die Mullahs nicht daran hindern, ihren gefährlichen Ambitionen nachzugehen. 2020 hat Herr Borrell unterstrichen, dass die EU „über“ Resolutionen „hinausgehen“ sollte, wenn es sich um Menschenrechtsverletzungen handelt. Die neueste Initiative im Europäischen Parlament bahnt den Weg dafür, dass die notwendigen Schritte getan werden, um das iranische Regime zur Verantwortung zu ziehen und dem iranischen Volk zu helfen, dass es Gerechtigkeit bekommt.
Die neueste Resolution des Europäischen Parlaments über den Iran hat uns daran erinnert, was Martin Luther King Jr. einmal gesagt hat: „Ungerechtigkeit, die irgendwo geschieht, bedroht die Gerechtigkeit überall“. Es ist jetzt an den europäischen Führern, ein Beispiel abzugeben.
Alejo Vidal-Quadras

Alejo Vidal-Quadras, Professor für Atom- und Kern-Physik, war Vizepräsident des Europäischen Parlaments von 1999 bis 2014. Er ist Präsident des International Committee In Search of Justice (ISJ) [Internationales Komitee für die Suche nach Gerechtigkeit]