Thursday, March 28, 2024
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Martin Kobler besucht Camp Liberty

Dem UN Sonderbeauftragten Kobler wurden die verbliebenen Abwasserfluten bei einem Schnellbesuch in Camp Liberty gezeigt

NWRI- Am 30. Januar 2013 besuchte Martin Kobler Camp Liberty. Die Bewohner gaben ihrem Zorn über die Lebensbedingungen in Camp Liberty Ausdruck. Unzureichende Infrastruktur, Verseuchung infolge der Überflutung mit Schmutzwasser. Das Folgende ist der Text des Tagesberichts über Camp Liberty vom 30. Januar.

Camp Liberty Tagesbericht 30. Januar 2013

Heute morgen [30. Januar 2013] besah sich der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs (SRSG) bei einem hastigen Schnellbesuch, der nicht länger als 40 Minuten dauerte, einige Teile von Camp Liberty, die infolge eines Hochwassers vor kurzem von Abwasser überflutet worden sind.

Auf die Bitte der Bewohner, verschiedene Teile des Lagers zu besuchen, antwortete er, er sei in Eile und müsse das Lager bald wieder verlassen.

Wegen des heftigen Regens und unzureichender Infrastruktur wurde das Leben der Bewohner sehr mühselig. Ein großer Teil des Lagers ist mit Wasser überflutet und gleichzeitig schlammig. Als Ergebnis des Besuches ist festzuhalten:

1. In Sektion 1 besah sich der SRSG einen Abwassertank, der durch Korrosion zerbrochen ist. Das Abwasser ist ausgetreten und hat sich mit dem Regenwasser vermischt. Der SRSG sah in den Tank hinein und konnte feststellen, dass er zerbrochen und nicht zu reparieren ist. Er nahm Fotos auf (Foto 1). Er konnte sich auch einige andere Abwassertanks ansehen, die die Bewohner mit alten Eisenbändern versehen hatten, damit sie nicht zerbrachen. (Die irakische Regierung hat verboten, dass passende Bänder hereingebracht wurden. (Foto 2)

2. Während des Besuchs des SRSG beklagten sich die Bewohner, dass es keine Infrastruktur gebe und dass im Lager nicht das Minimum an angemessenen Lebensbedingungen herrschte. Sie fragten ihn: „ Ist dies das von Ihnen versprochene Paradies?“

3. In Sektion 2 beklagten sich die Bewohner über die gegebenen Verhältnisse, besonders über die T-Mauern, die sie umgeben und die nicht erlauben, das Wasser nach draußen abfließen zu lassen. (Fotos 3,4,5)

4. Der SRSG konnte sehen, dass zwei Tage nach dem Regen die Hauptstraßen im Lager immer noch mit Matsch bedeckt sind. (Fotos 6-10)

5. Der SRSG hielt ein Bild von einem der Tanks, das einem früheren ‘Tagesbericht’ beigefügt war, in Händen und sagte, den wolle er sehen. Als die Bewohner ihm sagten, der sei in Sektion 7, antwortete er, er habe nicht genug Zeit, sich dorthin zu begeben. (Foto 11)

6. Der SRSG besuchte auch die Anlage zur Wasserreinigung in Liberty und konnte feststellen, dass die irakische Regierung, nachdem die Bewohner 2,5 Mio. $ dafür aufgewandt haben, das Hineinbringen von Wasserröhren ins Lager nicht erlaubt hat, durch die die Wasserreservoirs mit der Reinigungsanlage verbunden werden können. (Fotos 12,13)

7. Die Bewohner baten den SRSG, andere Sektionen, die mit Regenwasser und Abwässern überschwemmt sind, aber er sagte, dass er wegen Zeitknappheit keine weiteren Sektionen aufsuchen könne.

8. Der Rechtsberater der Bewohner sagte dem SRSG: „Schauen Sie sich, bitte, meine Augen an, die entzündet sind, weil wir dauernd der Verseuchung unserer Lebensumwelt durch die Überschwemmung mit Abwässern ausgesetzt sind; das hat eine ansteckende Krankheit in unserer Sektion hervorgerufen.”

9. Einer der Bewohner sagte dem SRSG: „Ich bin nach Liberty vor mehr als 4 Monaten gekommen. Seitdem war ich noch bei keiner Befragung bei der UNHCR. Wieso war es dann so dringend und wieso wurde dieser Druck ausgeübt, dass wir hierher ziehen?“ Der SRSG gab keine Antwort.

10. Während seines Besuchs beschwerten sich die Bewohner über die unzureichende Infrastruktur im Lager und sagten, sie fühlten sich getäuscht in der Absicht, sie dazu zu bringen, nach Liberty zu kommen. Sie sagten dem SRSG, sie seien vor einem Jahr nach Liberty gekommen; in den allerersten Tagen wurden einige Befragungen mit Bewohnern abgeschlossen, aber es gebe immer noch keine Aussicht auf einen Umzug in andere Länder. Seither wurden mehr als 2000 bei der UNHCR befragt. Da der Plan eines TTL gescheitert sei, sei es besser, dass diese 2000, die befragt wurden, nach Ashraf zurückkehrten und von dort in dritte Länder zögen. Dieser Wunsch nach Rückkehr nach Ashraf wurde gegenüber dem SRSG von sehr vielen Bewohnern ausgesprochen. Der SRSG äußerte sich nicht zu den Problemen des Lagers und konnte auch keine genauen Angaben über den Zeitpunkt einer Umsiedlung in Drittländer machen. Er sagte nur, es sei einfach unmöglich für sie, nach Ashraf zurückzukehren; in Drittländer zu gehen sei die einzige Möglichkeit. Die Bewohner stellten fest, sie würden auf seine haltlosen Versprechungen bezüglich der Umsiedlung nicht mehr hören, nachdem sie sich sie immer wieder in den letzten 14 Monaten angehört hätten. Diese Versprechungen seien außerdem nichts anderes als Mittel der Täuschung gewesen in der Absicht, sie ihres Heims zu berauben.

11. Den Vertretern der Bewohner gegenüber, die ihre Anliegen aussprachen, bestand der SRSG darauf, dass an die Stelle wöchentlicher Treffen mit der Lagerverwaltung, die nicht regelmäßig durchgeführt würden, ein tägliches Zusammentreffen mit Sadeq Mohammed Kadhim treten solle. Die Vertreter der Bewohner sagten, sie hätten nicht erwartet, dass die Vereinten Nationen den Bewohnern eine Person präsentieren würden, der Bewohner von Ashraf umgebracht hat und von einem spanischen Gericht nach universell geltender Rechtsprechung für Kriegsverbrechen in Ashraf angeklagt worden sei. Außerdem hätten sie sich alle drei Monate mit ihm getroffen; das Einzige, was dieser Mensch aber erreicht habe, sei Spannungen im Lager anzufachen und die psychologische Folter für die Bewohner zu vergrößern.

12. Die Vertreter der Bewohner protestierten gegen die Anwesenheit von Captain Haidar Azab und Major Ahmed Khozair in Liberty, die beide direkt an den Massakern beteiligt gewesen seien. Sie erbaten eine Intervention des SRSG, damit diese beiden Liberty verließen. Der SRSG spielte das Problem herunter und sagte, es gebe wichtigere Probleme, um die er sich kümmern müsse und sagte den Bewohnern, sie sollten sich über die Umsiedlung und nicht über diese Sachen Gedanken machen!!!

13. Die Bewohner baten den SRSG, UNAMI Beobachter sollten niemals Botschaften des iranischen Ministeriums für Nachrichtendienst (MOIS) überbringen, da dies die Glaubwürdigkeit der UNAMI und der Beobachter ernsthaft in Frage stellen würde.

14. Die Bewohner protestierten dagegen, dass der SRSG im UN Sicherheitsrat gesagt habe, die Beobachter hätten nicht zu allen Teilen des Lagers Zugang. Wo sei es ihnen nicht möglich gewesen hinzuschauen und zu welchem Zeitpunkt? Die Bewohner sagten, seine Beobachter seien vollkommen frei im Zugang zu den Bewohnern, es habe in dieser Hinsicht keine Beschränkung gegeben. Martin Kobler antwortete darauf nicht, bezog sich aber auf Quartiere von Frauen, in die die Beobachter nicht hineingelassen worden seien. Die Bewohner antworteten, er könne nicht erwarten, dass Männer in die Ruheräume muslimischer Frauen gehen könnten. Für seine weiblichen Beobachter bestehe aber kein Problem darin, weibliche Ruheräume zu betreten.

15. Der SRSG antwortete auf die Beschwerden der Bewohner über die Bedingungen im Lager damit, dass er ihnen eine Abbildung seiner eigenen Wohnung in der Grünen Zone von Bagdad zeigte, wo es auch eine Überschwemmung gegeben habe. Die Bewohner antworteten darauf, ihr Problem sei nicht der Regen, sondern das Nichtvorhandensein von Infrastruktur und das Überfließen der Abwassertanks, dass die ganze Umgebung mit Schmutzwasser verseucht habe. Die Bewohner bemerkten auch, der SRSG hätte besser Bilder von seiner Wohnung in Deutschland gezeigt, da es genau die schlechten Lebensbedingungen im Irak seien, die es erlaubten, dass das Gehalt von UN Angestellten im Irak verdoppelt werde und dass sie selbst aus ihrer Heimstatt vertrieben und in dieses Gefängnis gebracht worden seien.