Monday, May 29, 2023
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Wenn Regierungen entscheidende Fakten verschweigen

THE HUFFINGTON POST – Nicht alle Lügen sind schlimm. Einige lehnen wir als nicht wichtig ab. Das gilt sowohl im privaten Leben, wie auch bei nationalen und internationalen Angelegenheiten. Lügen, die von „entscheidender“ Wichtigkeit sind, beeinflussen jedoch unsere Denkweise und können vielfältige Auswirkungen auf unser Leben haben. Mit den Augen des Gesetzes betrachtet, ist die Unterschlagung von „entscheidenden“ Fakten ein schweres Verbrechen.

 
So ist z.B. die Heirat von zwei Menschen automatisch ungültig, wenn einer der Personen zuvor nicht ordnungsgemäß geschieden wurde. Immigranten dürfen nicht in der USA bleiben, wenn sie in betrügerischer Absicht ihre wahre Identität verschweigen und können dafür selbst 20 Jahre nach ihrer Einreise ausgewiesen werden. Ein Börsenmakler, der Insiderinformationen verkauft, kommt damit nicht nur vor ein Zivilgericht, sondern wird auch als Straftäter gesehen.

Was ist jedoch, wenn eine Regierung entscheidende Fakten unterschlägt, welche von Wichtigkeit für die Öffentlichkeit sind? Nehmen wir den Irakkrieg: Wenn Präsident W.Bush nach seinem Wissensstand (sehr schwer, das zu beweisen) wußte, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen hatte und dies dem Volk nicht mitteilte, um für einen Krieg die Unterstützung des Volkes zu gewinnen, dann könnten die Familien der Opfer (theoretisch) die US Regierung wegen Unterschlagung verklagen (wenn man davon absieht, dass eine Regierung Immunität besitzt). Doch egal, ob man es als moralische oder rechtliche Frage sieht, Regierungen sollten gegenüber dem Volk ehrlich sein und keine „entscheidenden“ Fakten unterschlagen. Kleine Lügen sind eine Sache, aber Lügen, die unsere Einstellung über einen Krieg ändern, sind eine andere Sache.

Heute ist eine der wichtigsten Fragen für die US Bürger, wie mit der steigenden Macht des Iran im Irak und in Afghanistan umgegangen wird und was an den Grenzen zu Israel (Hisbollah im Libanon und Hamas in Gaza) passiert und wie der Export von Terrorismus und der Bau von Atomwaffen verhindert werden kann. Die Obama Administration hat versucht, diese Fragen mit einer Politik des „Einsatzes“  anzugehen und dabei die konventionellen Formen des politischen Drucks, wie UN Sanktionen, benutzt. Doch die Dokumente, die auf WikiLeaks am 26. Oktober veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Obama Administration wichtige Informationen unterschlagen hat, die zumindest die Frage aufkommen lassen, ob die diplomatischen Bemühungen untergraben, wenn nicht gar komplett sinnlos waren, wenn es um den Dialog mit den iranischen Anführern geht. Der US Öffentlichkeit wurden Beweise vorenthalten die zeigen, dass das iranische Regime weiterhin mit terroristischen Aktivitäten fortsetzt und Aktionen verfolgt, die gegen die Sicherheitsinteressen der USA stehen. Wenn solche Beweise unterschlagen wurden, dann ist der Einsatz in Hinblick auf den Iran (welcher schon in den letzten 30 Jahren erfolglos war) ebenfalls gescheitert und die Beweise zeigen, dass die Anstrengungen der Obama Administration nur dazu dienten, dass der Iran sein Verhalten ohne ernste Konsequenzen fortsetzen konnte. 

Zum Beispiel machten die Dokumente auf WikiLeaks deutlich, so der Vizepräsident des EU Parlamentes Dr. Alejo Vidal Quadras, dass die Obama Administration sehr genau über die rapide ansteigende Kontrolle des Irak durch den Iran in vielen Bereichen Bescheid wußte und dass sie es unterließ, die Kontrolle von Camp Ashraf nicht an die irakischen Einheiten zu übergeben. Ashraf ist eine Enklave 40 km nördlich von Bagdad, wo ca. 3500 iranische Dissidenten leben. Hunderte Parlamentarier in Europa, den USA und des Mittleren Osten haben deutlich gemacht, dass eine Übergabe des Schutzes an den Irak zu Massenhinrichtungen führen kann, wenn die Bewohner von Camp Ashraf gewaltsam an den Iran ausgeliefert werden, weil irakische Anführer Angst vor dem Iran haben.

Dennoch übergab die Obama Administration Camp Ashraf an die irakischen Einheiten, ohne einen wichtigen Fakt zu erwähnen: Die Hektik des „Einsatzes“ gegenüber dem Iran hatte den Preis, dass die Bewohner psychologisch gefoltert werden, Streifzüge der Besatzer ertragen müssen, eingeschüchtert werden und dass der Druck weiter aufrechterhalten wird und eine gewaltsame Umsiedlung immer im Raum steht, jeden Tag. Um eine weitere Katastrophe zu verhindern, muss die USA den Schutz von Ashraf wieder übernehmen oder zumindest dafür Sorgen, dass dort ein UN Beobachterteam stationiert wird.

Zahllose US Bürger und ihre Vertreter im Kongreß sehen den „Einsatz“ gegenüber dem Iran unter falschen Voraussetzungen. Die Obama Administration ist im Hinblick auf das Schicksal der 3500 Bewohner von Ashraf blind und es gibt keine öffentlichen Informationen, sie wurde erst durch die Dokumente auf WikiLeaks überhaupt bekannt. Der Preis des „Einsatzes“ gegenüber dem Iran ist nun deutlich geworden und es liegt an der US Öffentlichkeit und seine Vertreter im Kongreß, die Frage zu stellen, ob sie gewillt sind, diese Politik der Beschwichtigung noch zu tragen, nicht zuletzt, weil sie die stärksten Gegner des iranischen Regimes im Stich gelassen hat.

Allan Gerson ist der Vorsitzender der Arbeitsgruppe internationales Recht, einer in Washington sitzenden Firma, die sich mit komplexen Fragen des internationalen Rechts und der Politik befaßt. Zusammen mit anderen Anwälten berät sie die MEK, eine Widerstandsgruppe, dessen Mitglieder in Camp Ashraf leben.