Welche Konsequenzen zieht der Westen von gescheiterten Atomverhandlungen mit Iran?
Von Soona Samsami*
Die Nachrichten über die letzte Runde der Verhandlungen mit dem Iran haben leider erneut deutlich gezeigt, was schon zu oft offensichtlich war: stümperhafte Diplomatie, steigenden Pessimismus und einen drohenden Krieg.
Nahezu 40 Verhandlungsrunden haben über 10 Jahre in Anspruch genommen; das Ergebnis sind 13000 weitere Zentrifugen und große Mengen hochangereicherten Urans im Iran.
Benjamin Franklin sagte einst: “Wie viele von euch haben die Courage, ihre eigenen Fehler und falschen Schlüsse zu erkennen?“
Wann werden die Befürworter der Verhandlungen im Westen endlich ihre Fehler einsehen und begreifen, dass es nichts zu holen gibt, wenn man mit Teheran Gespräche führt.
Die letzten Gespräche waren so etwas wie der Abschluß eines langes Stranges das letzte Jahrzehnt hindurch. Allein im vorigen Jahr hetzten die westlichen Regierungen von einer Stadt in die nächste: von Istanbul im April nach Bagdad im Mai, von Moskau im Juni nach Almaty im Februar und wieder dorthin im April 2013. Das lächerlich wirkende Katz-und-Maus-Spiel erinnert stark an die Cartoons von Tom und Jerry. Doch das Ende dieser Aufführung wird weniger lustig sein.
Am 6. April sagte die Cheunterhändlerin der P5+1, Catherine Ashton, dass nach „langen und intensiven Diskussionen“ beide Seiten noch „weit von einander entfernt“ seien. Der Chefunterhändler aus Teheran, Saeed Jalili, sagte fast epigrammatisch: “Weine nicht, weil es vorbei ist, lache, weil es geschah,“ und wiederholte gebetsmühlenartig: “Es haben gute Verhandlungen stattgefunden.“ Er ergänzte, der Iran habe wiederholt „Vorschläge“ unterbreitet; der Westen „braucht noch Zeit zum Nachdenken.“ Alle diese Aussagen entsprechen der Hinhaltetaktik der Mullahs, wie sie seit Jahren üblich ist.
In der letzten Runde nannte Jalili dann die westlichen Angebote „realistischer“ und „näher am Kern“. Doch die Mullahs wollen bei diesen Verhandlungen nur eines: Zusagen des Westens und einen Abbau der Sanktionen oder klare eigene Maßnahmen.
Die westlichen Mächte rückten nun auch von ihrer Forderung ab, die Aktivitäten zur Anreicherung von 20 Prozent müßten beendet werden, und baten Teheran nur mehr höflich darum, die Anreicherung „zu unterlassen“. Es war bezeichnend, dass Teheran nach dem Ende der Gespräche von Almaty bekannt gab, weitere 3000 verbesserte Zentrifugen seien in der Anlage in Natanz in Betrieb gegangen.
Die aktuelle Richtung der iranischen Diktatur verdeckt jedoch, dass es in Wirklichkeit durch seine interne Dynamik stärker angeschlagen ist, als es nach außen hin vorgibt.
Zunehmende Machtkämpfe innerhalb des Regimes sind zu einer Gefahr geworden, die größer ist als die wirtschaftlichen Sanktionen. Es vergeht kein Tag, an dem Präsident Ahmadinejad und seine Bundesgenossen nicht die Verbündeten des obersten geistlichen Anführers, Ali Khamenei, herausfordern. Die Macht von Khamenei bröckelt seit den Aufständen von 2009, die zunehmend für Streit innerhalb des Regimes gesorgt haben.
Wichtiger jedoch ist, dass das Regime gegenüber der organisierten Opposition der “Mojahedin des Volkes (PMOI/MEK)” weiterhin machtlos ist. Sie gewinnt immer mehr internationale Unterstützung und hat mehrfach bewiesen, dass sie außerordentlich gut organisiert ist und die Möglichkeit hat, zum richtigen Zeitpunkt das Regime zu stürzen. Ihre Fähigkeit ist auch nach der Verhaftung vieler Freunde nach 2009 und der Hinrichtung etlicher Sympathisanten nicht geringer geworden.
Teheran verschärft daher den Kampf gegen tausende von Mitgliedern der MEK in dem gefängnisartigen Komplex namens Camp Liberty im Irak. Irakische Söldner griffen im Februar das Camp mit Raketen an, töteten dabei acht Menschen und verwundeten Duzende weitere. Der Auswärtige Ausschuß des US- Repräsentantenhauses verabschiedete danach die Resolution 89, die von hochrangigen Ausschussmitgliedern aus beiden Parteien eingebracht worden war. Sie fordert die Rückkehr der Menschen in ihre Heimat, Camp Ashraf, wo sie seit 27 Jahren lebten und erheblich sicherer waren.
Ein Vorzeichen weiterer Angriffe war in der letzten Woche der Besuch des Teheraner Geheimdienstministers im Irak, der offen das „Ende der MEK im Irak so schnell wie möglich“ forderte.
Die nukleare Sackgasse reflektiert die Sackgasse des Regimes in der Heimat. Khamenei kann nicht zurücktreten, es wäre der Anfang vom Ende des Regimes, und er kann wegen der Sanktionen das Atomwaffenprogramm nicht ohne Risiken fortsetzen, weil dann weitere Sanktionen folgen würden, evtl. sogar ein militärischer Konflikt mit dem Westen. Seine Strategie besteht also darin, diesen Prozess hinauszuzögern. Leider haben die Befürworter der Verhandlungen dies nicht erkannt. Sie sollten realisieren, dass Teheran ein offenes Ende der Verhandlungen mehr denn je braucht, weil es die inneren Konflikte aufhält und einen Konflikt mit dem Westen vermeidet.
Die westliche Politik sollte beginnen, demokratische Alternativen für den Iran zu unterstützen, weil der Sturz des Regimes näher rückt. Wenn der Westen seine Verhandlungen aufgibt, wird er die Schwäche des Regimes im Land erkennen und sich seiner demokratischen Opposition zuwenden können. Dies wäre für beide Seite eine Win-Win Situation, alles andere ist eine Loose-Loose Strategie. Obama kann die Richtung ändern – er muß es tun.
* Soona Samsami ist Iran-Expertin.