Der Weg des iranischen Regimes nach München / Eine Ausladung wäre angebracht
Anfang Februar wird die 50. Sicherheitskonferenz in München stattfinden. Dort treffen sich die Außenminister der Weltmächte und andere hochrangige Vertreter, um über die Sicherheitslage der Welt zu sprechen und über Lösungsmöglichkeiten für bestimmte Krisenherde in der Welt zu diskutieren.
Doch wer darf an der Konferenz teilnehmen? Nun, im Grunde jeder, den der Veranstalter wünscht. Es klingt auf den ersten Blick sinnvoll, auch nicht-westliche Regierungen, Oppositionsgruppen und Vertreter von NGOs zuzulassen, um einen besseren Überblick über die jeweilige Lage in den Ländern zu bekommen.
Andererseits orientiert sich die Münchner Sicherheitskonferenz auch an den Werten westlicher Demokratien, zumindest sollte sie das tun. Wenn eine Regierung die Lage in einer Region unsicher macht, indem sie Terrorismus fördert, massiv Menschenrechte missachtet oder mit Vertretern erscheint, die ein kriminelles Regime unterstützen, dann sollten diese von der Diskussion ausgeschlossen werden. Das ist ein hehres Ziel und es scheint auf den ersten Blick auch eine Rolle zu spielen, denn so wurde zum Beispiel 2010 der weißrussische Außenminister Sergej Martynow ausgeladen, weil es in seinem Land massiven Wahlbetrug gab und dort schwere systematische Menschenrechtsverletzungen stattfanden.
Dies klingt auch nachvollziehbar, denn wer möchte diejenigen an einer Konferenz über die Stabilität der Welt teilnehmen lassen, die diese destabilisieren, die ihr Land in mittelalterliche Strukturen zurückführen und ihr Volk knechten? Dem Westen muss daran gelegen sein, diejenigen zu Rat zu ziehen, welche die Strukturen in diesen Ländern kennen und deren Völker besonnen und organisiert zu einer stabilen Demokratie führen wollen.
Doch leider bleibt diese Denkweise offenbar unwirksam, wenn es um den Iran geht. Denn an der diesjährigen Sicherheitskonferenz wird der neue iranische Außenminister Mohammed Dschawad Zarif teilnehmen. Seine Einladung steht in krassem Gegensatz zum Grundgedanken der Konferenz, denn der iranische Präsident und seine Regierung werden seit jeher durch kontrollierte und manipulierte Wahl vorbestimmt und gekürt und in dem Land herrschen seit über 30 Jahren die schwersten und systematischsten Menschenrechtsverletzungen, Untaten von einer Art, die ihresgleichen in der Welt sucht. Warum also misst man hier mit zweierlei Maß?
Irans Außenminister Zarif im Parlament
Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig. Zum einen liegt sie in der Historie begründet. 1979 stürmten islamistische Fundamentalisten auf Anweisung des Großajatollahs Ruhollah Chomeni die US-Botschaft, nahmen US-Diplomaten als Geiseln und hielten sie 444 Tage lang fest. Damals hat das iranische Regime den wunden Punkt des Westens getroffen. Es hat gelernt, sich mit einem Mix aus Drohungen und Erpressung den Weg in die internationale Gemeinschaft zu erzwingen, es hat von Anfang an mit der Sicherheit der Region und der Welt gespielt und diese Strategie setzt das Regime bis heute fort. Heute ist es die atomare Bedrohung der Mullahs, welche die Welt erschauern läßt, weniger ob ihrer militärischen Einsatzfähigkeit als wegen der Ausrüstung von terroristischen Gruppen mit sogenannten„schmutzigen” Bomben, welche die Sicherheit der Welt mehr als gefährden würden.
Ein zweiter Grund liegt in der Größe des Marktes Iran. In einer Welt, deren Märkte gesättigt sind, ist ein bevölkerungs- und ölreiches Land wie der Iran mit einer Einwohnerzahl nahe der Deutschlands ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Weißrußland etwa spielt für die Weltwirtschaft eine minimale Rolle, der Iran hingegen war vor den Sanktionen zweitgrößter Ölexporteur und drittgrößter Gasexporteur der Welt. Nicht nur die iranische Wirtschaft leidet nun zusehends unter den internationalen Sanktionen, auch westliche Länder – vor allem solche, die wirtschaftlich in Notlagen sind – brauchen dringend iranisches Billigöl, um ihre Wirtschaft in Gang zu halten.
Hinzu kommt eine weitreichende Lobbyarbeit des iranischen Regimes im Westen. Das Regime hat in den letzten 30 Jahren und vor allem seit dem Machtantritt von Chatami Ende des letzten Jahrtausends mehr und mehr Fuß in zahlreichen Institutionen des Westen gefasst. Mit Geld, Geschenken und anderen Vergünstigungen, aber auch mit Drohungen wurde in Europa und in den USA ein weitreichendes Netzwerk aus Spionen und Agenten gespannt. Die Ergebnisse dieser Taktik sind größer als dem normalen Bürger bekannt und sie zeigt Wirkung in allen Bereichen der Gesellschaften und der Politik der westlichen Länder, von den Universitäten bis hin zu Parteivorsitzenden.
Allen voran steht die so genannte „Reformergruppe”, der zum Teil hochrangige westliche Politiker angehören. Diese Leute gehen davon aus, dass ein gemäßigter iranischer Präsident den Iran zur Demokratie führen wird, ähnlich wie Gorbatschow oder de Klerk in Südafrika, wohl wissend, dass der Iran eine ganz andere Art der Diktatur ist und dass dort der geistige Führer Ali Khamenei entscheidet, wer welche Reformen durchzuführen hat. Das iranische Regime begründet seine Legitimation nicht mit einem Parteiprogramm oder einer Rassenideologie, es hält sich für von Gott gesandt und deshalb ist es unfähig, weder eine Reform des Regimes zuzulassen noch sie überhaupt zu denken. Alle so genannten „Reformer” wie einst Chatami oder nun Rohani haben sich dem „velayat-e faqih” verschrieben, dem bedingungslosen Kotau vor dem Obersten geistlichen Führer und sogar die selbst ernannten „Revolutionsführer” von 2009, Mussawi und Karubi, haben sich von diesem Ideal bis heute nicht abgewendet.
Doch spätestens der „High Five” von Claudia Roth auf der letzten Sicherheitskonferenz in München hat gezeigt, wie sehr die westliche Politik mittlerweile von den „Reformern” unterwandert ist. Dabei ist das einzige Ziel dieser Politik, den Markt Iran zu steuern, die Mullahs zu beschwichtigen, den Status quo im Iran aufrecht zu erhalten und Aufträge für die heimische Wirtschaft zu sichern, notfalls auch für den iranischen Sicherheitsapparat, wie die bei den Aufständen 2009 angewandte von Siemens gelieferte Sicherheitstechnik zeigte, ebenso die Kräne, an denen iranische Bürger damals öffentlich erhängt wurden – sie stammten aus den USA.
Mohammed Dschawad Zarif ist ein fester Bestandteil des velayat e-faqih, eines Systems, unter dessen Herrschaft seit der letzten Wahl 430 Menschen hingerichtet wurden, eines Systems, welches systematische Folter betreibt, welches terroristische Gruppen in Syrien massiv fördert, finanziert und unterstützt – daraus macht es auch gar keinen Hehl – und welches über seine Verbindungen mit dem Glaubensbruder und irakischen Diktator Nuri al-Maliki die iranische Opposition abschlachtet, sie mit Raketen beschießen läßt, die UN düpiert und die iranischen Dissidenten im Irak als Geiseln nehmen lässt.
Das iranische Regime ist ein derart hohes Sicherheitsrisiko für die Welt und die Region, dass es als erstes auf der Liste der Ausladungen stehen müsste, zumal es eine wirklich sinnvolle Alternative für den Iran zu geben scheint, denn die iranische Opposition und vor allem der Nationale Widerstandsrat (NWRI) und die iranischen Volksmudschahedin (PMOI/MEK) sind sehr gut aufgestellt, gut organisiert und mit charismatischen Anführern besetzt.
Vom Libanon und von der Hisbollah über die Hamas in Palästina bis hin zu den Muslimbruderschaften in Ägypten zieht sich die Blutlinie der Mullahs. Das Blutvergießen muss unterbunden, es muss auf eine iranische Zukunft gebaut werden, in der Atomwaffen, Menschenrechtsverletzungen und islamistischer Fundamentalismus keine Rolle mehr spielen. Der Westen muss aufhören, sich von den Mullahs erpressen und bestechen zu lassen, er muss Demokratie als obersten langfristigen Sicherheitsaspekt sehen und bei dieser Konferenz mit klaren Signalen darauf hinweisen. Was für Weißrußland galt, muss erst recht für den Iran gelten und daher muss die Mauer der Beschwichtigung durchbrochen werden.
(Artikel von Javad Dabiran – erschienen in Huffington Post Deutschland)
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