Saturday, July 27, 2024
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Probe zu einem Blutbad

HUFFINGTON POST – Brian Binley – Es geschah am 31. Oktober um 23 Uhr, daß irakische Sicherheitskräfte ihr vorerst letztes bedrohliches Eindringen in das Lager Ashraf unternahmen. Dreißig Militärfahrzeuge, begleitet von 10 Polizeiwagen, fuhren in das nordöstliche von Bagdad gelegene Lager ein, in dem 3400 iranische Dissidenten leben. Sie erschreckten die Bewohner mit blendenden Scheinwerfern und betäubendem Lärm und führten an ihren Häusern militärische Übungen durch.

Zugleich erhöhten die 300 um Ashraf herum aufgestellten Lautsprecher den psychologischen Druck, indem sie die Zahl ihrer Drohungen und Schmähungen vermehrten.

Diese brutale Demonstration folgte einer Pressekonferenz, auf der am Tag zuvor der irakische Außenminister Hoshyar Zebari seinem iranischen Amtskollegen Ali Akbar Salehi versprochen hatte, der Irak werden seiner Zusage gemäß das Lager Ashraf am 31. Dezember schließen – dem Datum, an dem der letzte US-Soldat den Irak verlassen soll. Die Welt hat also nur noch weniger als zwei Monate Zeit, diese Schließung, die in ein Massaker ausarten könnte, zu verhindern. Nach zwei bewaffneten Überfällen auf das Lager – im Jahr 2009 und im vergangenen April, als 36 Menschen, darunter acht Frauen, getötet und 300 von Soldaten mit amerikanischen Waffen verwundet wurden – gibt es keinen Grund zu der Annahme, die Schließung im Dezember werde friedlich und menschlich vonstatten gehen.

Die Bewohner Ashrafs, im Sinne der 4. Genfer Konvention geschützte Personen, sind Mitglieder der wichtigsten iranischen Oppositionsgruppe, der „Organisation der Volksmojahedin des Iran (PMOI/MEK)“.

Der iranische Widerstand erklärt, das klerikale Regime im Iran und die irakische Regierung bereiteten nach seiner Befürchtung den Boden für ein weiteres Blutbad in Ashraf. Er fordert die USA, die Europäische Union und die Vereinten Nationen auf, es zu verhindern und mahnt dabei an den Appell des Generalsekretärs der Vereinten Nation Ban Ki-mun, den sein am 7. Juli dem Sicherheitsrat erstatteter Bericht enthält, daß „alle Beteiligten ihre Anstrengungen vermehren, um Möglichkeiten einer einvernehmlichen Lösung zu finden“.

Eine der beteiligten Seiten sind die Vereinigten Staaten, die früher den Bewohnern Ashrafs ihren Schutz versprochen haben. Doch bisher hat Präsident Obama kaum Anzeichen dafür gegeben, daß er willens sei, den notwendigen Druck auf Bagdad auszuüben, um eine menschliche Behandlung der Bewohner Ashrafs zu sichern.

Während der von den USA angeführten Invasion des Jahres 2003 blieben die Bewohner Ashrafs neutral. Im folgenden Jahr gaben die Vereinigten Staaten ihnen allen die schriftliche Zusage, daß sie sie im Gegenzug für ihre freiwillige Entwaffnung schützen würden. Doch zu Beginn des Jahres 2009 übergaben die USA die Verantwortung für die Sicherheit das Lager an das irakische Militär. Seitdem befindet sich das Lager – von zwei gewaltsamen Überfällen abgesehen – im Zustand einer bedrohlichen Belagerung. Den Bewohnern werden elementare Dienstleistungen vorenthalten, z. B. der Zugang zu angemessener ärztlicher Hilfe.

Auf Geheiß Teherans setzte die irakische Regierung unter Premier Nouri al-Maliki den 31. Dezember als Ende einer Frist bis zur Schließung des Lagers fest. Der Iran, erschüttert durch Furcht vor der vom Arabischen Frühling ausgehenden Ansteckung und angesichts einer sich verschärfenden internationalen Krise, die sein Streben nach Atomwaffen und sein Terrorismusexport verursachen – der letzte Vorfall dieser Art war ein fehlgeschlagener Mordanschlag gegen den saudischen Botschafter in Washington – will Ashraf um jeden Preis ausradieren.

Im September stellte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge fest, die iranischen Dissidenten seien „Asylsuchende“ und hätten als solche Anspruch auf internationalen Schutz. Er forderte Aufschub der Schließung Ashrafs. Doch Bagdad beharrt weiterhin darauf, daß die bis zum Jahresende reichende Frist eingehalten wird. Der Irak hat nicht das geringste Interesse daran, den UNHCR seine Aufgabe erfüllen zu lassen. Indem er im Gegenteil seine Mitarbeit verweigert, schafft er den Anschein, es sei kein Fortschritt erzielt worden, daher bestehe die einzige Lösung in der gewaltsamen Schließung des Lagers.

Ein Weg aus dieser furchtbaren Situation bestünde in der Entsendung ständiger Beobachter der UNO nach Ashraf, an der Seite von Friedenstruppen. Dann könnte der UNHCR seine Arbeit tun mit dem Ziel einer Umsiedlung der Bewohner Ashrafs.

Die Vereinigten Staaten mögen den Irak verlassen. Aber sie haben noch eine Menge mit der Regierung in Bagdad und mit den Vereinten Nationen zu tun, und sie sollten einen Schritt vorwärts tun.

Wie die Dinge jetzt liegen – und wenn Maliki mit seinem Plan, das Lager nach Ablauf der Frist zu schließen, also genau in der Zeit von Weihnachten und Neujahr, durchdringt, dann ist zu befürchten, daß die Welt stillhält und zuschaut, während Männer und Frauen kaltblütig ermordet oder verstümmelt werden, zerquetscht von amerikanischen Panzerfahrzeugen.

Außenministerin Hillary Clinton hat am 27. Oktober vor dem Auswärtigen Ausschuß des Repräsentantenhauses gesagt, Washington habe den Irak um die Zusicherung ersucht, „die Bewohner Ashrafs human zu behandeln und sie nicht in ein Land zu bringen, indem sie Anlaß zur Angst hätten“.

Die Zeit für bloße Worte ist vorüber. Konkrete Handlungen sind jetzt notwendig, um die Bewohner des Lagers Ashraf zu schützen. Es steht in der Macht der Vereinigten Staaten, sie schützen. Wenn sie es nicht tun, wird das Jahr 2012 – ein Wahljahr – das Risiko bringen, daß es mit einer Tragödie beginnt, die die Welt hätte verhindern können.

Brian Binley, konservatives Mitglied des Parlaments für Northampton South