Thursday, March 28, 2024
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Raketenanschlag auf Camp Liberty: Kobler und UNAMI haben im Irak versagt

Eine Blamage für die deutsche Diplomatie

Von Hermann-Josef Scharf *
Berlin/Bagdad, 1.März 2013 – Wer sich für den Iran und das Schicksal seiner Menschen interessiert ist, stößt fast zwangsläufig auf die größte organisierte iranische Opposition, die Volksmodjahedin Iran (PMOI/MEK). Diese wird noch immer im Internet und auch in der Politik diffamiert und für mehr als problematische Deals des Westens mit den Mullahs missbraucht. Aber es gibt nicht nur die politische Dimension, um die Volksmodjahedin zu beurteilen. Die Unterstützer und Sympathisanten dieser legitimen Oppositionsgruppen leiden seit Jahrzehnten nicht nur im Iran sondern auch im Exil.

 

So lebten über 3000 iranische Oppositionelle 26 Jahre lang in Camp Ashraf im Irak, auch als Ashraf City bezeichnet, weil das Camp in unermüdlicher Arbeit der Menschen in den vielen Jahren in eine wahre Oase verwandelt wurde. Ashraf erlebte Zeiten des bewaffneten Widerstandes wie auch der Bombardierungen durch die US Armee, ohne dass je eine feindliche Handlung gegen die US-Army begangen wurde. Es folgte aber auch eine Zeit des relativen Schutzes zwischen 2003-2009 durch die US-Amerikaner. In dieser Zeit wurden die Exil-Iraner im Camp vor den Angriffen der Mullahs und irakischer Milizen geschützt. Grundlage war ein Abkommen, dass zwischen der US Armee und jedem Bewohner abgeschlossen wurde. Es beinhaltete den garantierten Schutz durch die US Armee, bis es eine sogenannte finale Lösung (Verteilung in Drittländer oder Rückkehr in einen befreiten Iran) geben würde.

Die USA entledigten sich der zugesagten Schutz-Funktion

Im Jahr 2009 änderte sich alles. Die USA übergaben den Schutz ohne Zustimmung der Volksmojahedin an eine irakische Regierung, die sich den Mullahs annähert, um durch sie an der Macht zu bleiben. Al-Maliki und seine Kommandeure machten zwar Zusagen, doch diese wurden bald gebrochen. Nach zwei Massakern durch irakische Truppen, die unter dem direkten Kommando der irakischen Regierung standen, sollte Camp Ashraf auf Geheiß der Mullahs endgültig geräumt werden. Nur eine große Kampagne des iranischen Widerstandes verhinderte ein gewaltiges Blutbad.

Ab 2012 übernahm die UN als „Beobachter“ die Rolle des Kontrolleurs der Sicherheit für Camp Ashraf und seine Bewohner. UNAMI und ihr Chef, der deutsche Diplomat Martin Kobler, übernahmen die Leitung der „Beobachtermission“. Kobler ist Ehemann der deutschen Botschafterin im Irak und enger Freund von „High Five Geberin“ Claudia Roth, MdB/DIE GRÜNEN, die jüngst beim Abklatschen mit dem iranischen Außenminister beobachtet wurde. Sehr schnell wurde die Rolle Kobler und UNAMI sichtbar: Die Schikanen der irakischen Regierung sollte gedeckt und die Zwangsumsiedlung der Bewohner in das schutzlose Camp Liberty vorbereitet werden.

„Mit gefälschten Berichten und falschen Versprechungen, auch mit der Androhung weiterer Massaker, schaffte es Kobler schließlich, die Bewohner nach Liberty, einer von der US-Army verlassenen Kasernenanlage zu bringen“, so der frühere UNAMI-Vize Taher Boumedra. Diese einst prächtige US-Militärbasis mit einst guter Infrastruktur war mittlerweile geplündert worden und weitgehend verwahrlost. Die neuen Bewohner aus Ashraf bekamen ein lächerlich kleines Stück Land zugesprochen. Es haperte an allem, von der Wasserversorgung bis hin zu einer skandalösen Behandlung der iranischen Dissidenten durch die irakische Armee, die die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftungen als „gefängnisartig“ beschrieb.

Die Verhinderung von Massakern war offensichtlich eine Lüge

Fragte man die US Regierung, Kobler oder UNAMI, warum die Bewohner nach Liberty in ein verwahrlostes heruntergekommenes Lager ziehen mußten, wurde oft das Argument der Sicherheit angeführt. Angeblich würden die Bewohner in Liberty gut bewacht und im Gegensatz zu Ashraf habe es seitdem keine Massaker gegeben. Dabei übersah Kobler geflissentlich, dass der Leiter des neuen Camps für die beiden Massaker 2009 und 2011 in Ashraf verantwortlich war, bei denen Dutzende Bewohner starben und über tausend Menschen verletzt wurden.

Doch seit dem 9. Februar ist auch dieses Versprechen der Sicherheit Makulatur. Bei einem Mörser- und Raketenangriff auf das Camp starben sieben Bewohner. Kobler machte sich nun endgültig unglaubwürdig, als er den Anschlag als „unerwartet“ abtat. Dabei wusste Kobler und mittlerweile Jeder, der sich mit diesem Komplex befasste, dass die Menschen in Liberty in schutzlosen Baracken leben müssen. Die irakischen Regierungstruppen drücken nur zu gerne beide Auge zu, wenn von Teheran unterstütze Milizen – wie geschehen – Raketen auf das Camp abfeuern.

Fakt ist, dass die Bewohner in Liberty völlig schutzlos sind. Kobler hingegen umschmeichelt weiter lieber die irakische Regierung. Die UNHCR und Ban Ki-moon belassen es bei leeren Worthülsen und die USA entzogen sich schon seit 2009 jeglicher Schutzverantwortung für die iranischen Dissidenten.

Man wird den Eindruck nicht los, dass die Menschen von Camp Ashraf nach Liberty abgeschoben wurden, um sie dort nach und nach zu ermorden. Kobler hätte zumindest Einfluss auf die Staaten nehmen oder gar Druck ausüben müssen, welche die Volksmojahedin aufnehmen können. Doch fast nichts ist bisher geschehen. Bis auf eine Handvoll „Ashrafis“ ist niemand in die Länder verteilt worden, wo sie Verwandte haben und wo sie als „Asylberechtigte“ anerkannt sind. Auch nach Deutschland konnten bisher keine Exil-Iraner aus Liberty ausreisen.

Kobler hat versagt

Kobler hat bei seiner Mission im Irak versagt. Ein ehemaliger Berater aus Koblers Beraterstabs (Tahir Boumedra) hat ihn bereits schwer belastet. Ein entsprechend gefälschtes Dokument über den Zustand von Camp Liberty, das den Bewohnern vor dem Umzug vorgelegt worden war, befindet sich beim iranischen Widerstand. Es gibt sogar Fotos von Besuchen Koblers in Teheran und Gespräche mit Irans Regimevertreter über das Schicksal von iranischen Flüchtlingen in Camp Liberty, die die UN Statuten in diesem Fall eindeutig verbieten.

Koblers Aufgabe ist der Schutz der Bewohner von Camp Liberty, die von der UNHCR als „Asylsuchende“ anerkannt wurden und Schutzrechte genießen. Seine ganze Arbeit sollte darin bestehen, die Bewohner mit allen Mitteln aus der Gefahrenzone zu retten und sich nicht an den Tisch mit Mördern und Verantwortlichen für die Massaker zu setzen.

Wenn Kobler seine Teilnahme an einem Bankett, wie beim höhnisch wirkenden irakischen Menschenrechtstag, dem Besuch eines staubigen und überfluteten Lagers vorzieht, hat er seinen Auftrag verfehlt. Er hat von der internationalen Gemeinschaft den Auftrag bekommen, die Menschen in Camp Liberty zu schützen. Wenn er diesem Auftrag nicht nachkommt oder – wegen möglicher Unfähigkeit – nicht nachkommen kann, dann muss er abgesetzt werden. Die UNO sollte einmal über seinen Diplomatenstatus nachdenken. Wenn Kobler an dem Menschenrechtsdesaster so schuldlos ist, wie er vorgibt, dann sollte er sich einer unabhängigen Kommission oder einem Gericht stellen. Er sollte alle Fragen nach einer Lösung der Ashraf-/Liberty-Frage ohne weiteres Blutvergießen beantworten.

* Hermann-Josef Scharf ist früherer CDU-Bundestagsabgeordneter und derzeit Landtagsabgeordneter im Saarland, und dort kirchenpolitischer Sprecher der Fraktion. Er ist Beiratsvorsitzender vom Deutschen Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI).