Friday, October 11, 2024
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Politiker und Rechtsexperten in Berlin fordern Ende der Hinrichtungen und Verantwortung der Regime-Führer im Iran

Mitglieder des Bundestags, ehemalige Bundesminister und prominente Rechtsexperten besorgt über die Hinrichtungswelle im Iran, fordern Rechenschaftspflicht für die Führer des Regimes
In einer Konferenz in Berlin schlugen Mitglieder des Deutschen Bundestags und ehemalige Regierungsmitglieder Alarm über die beispiellose Welle von Hinrichtungen im Iran. Sie kritisierten die bestehende Kultur der Straflosigkeit und forderten die Einrichtung von Sondertribunalen, um die Führer des iranischen Regimes für systematische Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.
Zu der Konferenz haben die Deutsche Sektion des Verbunds exiliranischer Gemeinden in Europa gemeinsam mit dem Deutschen Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI), einem Verbund früherer und aktueller Politiker und Menschenrechtsaktivisten in Deutschland, eingeladen.
Berichten zufolge wurden seit August, nach der Amtseinführung vom Präsident des Mullah-Regimes Masoud Pezeshkian, mindestens 191 Gefangene, darunter Frauen und politische Gefangene, hingerichtet.
Laut Amnesty International entfallen 74% aller weltweit verzeichneten Hinrichtungen im Jahr 2023 auf den Iran. Dieser Trend hat sich unter der neuen Regierung weiter verschlechtert.
Im Jahr 1988 wurden auf Befehl von Ruhollah Chomeini, dem Gründer der theokratischen Herrschaft des Iran, 30.000 politische Gefangene, von denen 90 % Mitglieder und Aktivisten der wichtigsten Widerstandsbewegung, der Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK), waren, innerhalb weniger Monate massakriert.
Professor Javad Rahman bezeichnete dies in einem wegweisenden Bericht vom 24. Juli 2024, seinem letzten vor dem Ende seiner Amtszeit als UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage im Iran, als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „Völkermord“. Er betonte: „Viele der an diesen Verbrechen Beteiligten genießen weiterhin offizielle Regierungsprivilegien und bleiben von internationaler Justiz und Rechenschaftspflicht unberührt.“

Carsten Müller: Die organisierte Opposition im Fokus von Desinformationskampagnen

Carsten Müller, Obmann der CDU/CDU-Bundestagsfraktion im Rechtsausschuss, leitete die Konferenz. In seiner Einleitungsrede betonte Müller, dass vor allem die organisierte iranische Opposition im zentralen Fokus bei den Menschenrechtsverbrechen und einer Desinformationskampagne des iranischen Regimes lag, weil sie als die größte Bedrohung des Regimes für seinen Machterhalt gilt.
„Diese Opposition ist nicht nur ein valides politisches Gegenstück, sondern verfügt über eine breite soziale Basis und hat das Potenzial, eine entscheidende Rolle bei der Abschaffung der religiösen Diktatur zu spielen. Das oberste Ziel des iranischen Regimes ist es, diese Opposition zu neutralisieren. Zu diesem Zweck führt es eine intensive Desinformationskampagne durch und versucht, die Opposition durch ein Netzwerk von sogenannten „Iran-Experten“, die unter dem Einfluss Teherans stehen oder die Narrative des Regimes verbreiten, zu diskreditieren. Wir haben vor einigen Monaten eine Informationsbroschüre zu diesem Thema veröffentlicht.“, sagte Müller.

Maryam Rajavi: Der Westen kann dem iranischen Volk wirksam helfen

Maryam Rajavi, die gewählte Präsidentin des Nationalen Widerstandsrates des Iran und Hauptrednerin der Konferenz am Donnerstag, sagte in einer Live-Videobotschaft aus Paris:
„Seit Jahren nährt das iranische Regime die Politik der Beschwichtigung mit zwei großen Täuschungen.

Erstens – Glauben zu machen, dass die religiöse Diktatur im Laufe der Zeit moderater und verhandlungsfähig werden würde. Damit hat es die Politik Europas und Amerikas jahrelang in Geiselhaft genommen.
Zweitens – Glauben zu machen, dass es keine verlässliche Alternative zum iranischen Regime gibt und dass seine Gegner gefährlicher seien als das Regime selbst.
Heute beginnen europäische Länder, einschließlich Deutschland, zu erkennen, dass das Regime nicht moderat wird. Jedoch akzeptieren sie dieses Regime als Realität, indem sie die Rolle des Volkes und des tief verwurzelten organisierten Widerstands ignorieren. Verbale Verurteilungen des Regimes, während der Widerstand ignoriert oder abgelehnt wird, führen zu nichts.“

Frau Rajavi verwies auf den derzeit im Iran stattfindenden Schauprozess gegen die Führung des NWRI und der Volksmojahedin Iran und betonte: „Nach dem Aufstand von 2022 hat das Regime einen Schauprozess gegen die Volksmojahedin und 104 Mitglieder des Widerstands in ihrer Abwesenheit inszeniert, der noch andauert. Das Gericht hat offiziell bekannt gegeben, dass die Angeklagten der Straftat des „Bagh-ei“ beschuldigt werden, die nur mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Das Gericht erklärte auch, dass jeder, der an Demonstrationen dieser Gruppe im Ausland teilnimmt, der gleichen Anklage unterliegt und dem Regime übergeben werden muss. Neben diesem Prozess hat das Regime zu Terroranschlägen gegen den Nationalen Widerstandsrat im Ausland gegriffen. Dazu gehören Angriffe auf die Büros des NWRI in London, Paris, Berlin und Stockholm sowie ein Attentatsversuch auf Professor Alejo Vidal-Quadras, den ehemaligen Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments und Unterstützer des iranischen Widerstands.“

Sie schloss ihre Rede mit einer Liste von Maßnahmen, welche der Westen einleiten könnte, um dem iranischen Volk wirksam bei seinem Kampf um Freiheit zu helfen. Dazu gehören:

• Die Revolutionsgarden (IRGC) und das Ministerium für Geheimdienste als terroristische Organisationen einzustufen
• Die Schließung der offiziellen und inoffiziellen Zentren des Regimes und die Ausweisung ihrer Söldner
• Die Verantwortlichen des Regimes für die Begehung von Völkermord zur Rechenschaft zu ziehen
• Das Snapback-Mechanismus der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats auszulösen und frühere Resolutionen gegen das Atomprogramm des Regimes zu aktivieren
• Den Kampf der iranischen Jugend und der Widerstandseinheiten gegen die IRGC zur Überwindung des Kleriker-Regimes anzuerkennen.

Die frühere deutsche Justizministerin Herta Däubler-Gmelin fokussierte sich zu Beginn ihrer Rede auf den Kampf gegen den iranischen islamistischen Fundamentalismus in Deutschland. Sie betonte, dass die Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) ein direkter Erfolg im Kampf gegen die ideologische Einflussnahme des iranischen Regimes in Deutschland ist, welches auch der Sicherheit für Exiliraner dient. „Die weitere Beobachtung der einschlägigen Aktivitäten bis hin zur Vorbereitung von terroristischen Verbrechen ist dringend geboten.“, sagte Frau Däubler-Gmelin.

Im Hinblick auf die Menschenrechtslage im Iran sagte sie: „Es wäre gut, wenn der Bericht von Herrn Rehman von der deutschen Öffentlichkeit endlich zur Kenntnis genommen wird und vom Deutschen Bundestag aufgegriffen und zum Gegenstand von Überlegungen gemacht wird. In diesem Bericht wird vor allem auch über die Rolle der iranischen Justiz als Helfer für Massaker und Gräueltaten gesprochen, was bisher viel zu wenig im Fokus der Betrachtung steht. Vom Tod von Frau Amini bis hin zum Massaker von 1988 hat die iranische Justiz es versäumt, für Aufklärung zu sorgen und sie verhängt mit vagen Begründungen Todesurteile gegen politische Gefangene und stellt somit ein entscheidendes Werkzeug für das Regime bei seinen Menschenrechtsverletzungen dar“, betonte sie.

Sie forderte die internationale Gemeinschaft auf, die iranische Justiz viel stärker unter Beobachtung zu stellen. Sie erwähnte zudem: „Die Iranische Regierung missbraucht die internationale Plattform für Polizeizusammenarbeit (Interpol) zunehmend für ihre politischen Zwecke: Die Verfolgung ihrer politischen Gegner. Aufgabe von Interpol ist es bekanntlich, Verbrechern die Flucht ins Ausland zu erschweren bzw. unmöglich zu machen. Zu diesem Zweck, der Verfolgung von Schwerkriminellen, kann man um sog. Red notices nachsuchen, die dann veröffentlicht und auch global an die Polizeiorganisationen verteilt werden. Die Aufgabe von Interpol ist es ausdrücklich nicht, politische Gegner eines Regimes zu verfolgen oder als Hilfsinstrument für diktatorische Regimes zu dienen.“

Franz Josef Jung: Der Widerstand hat eine klare Plattform

Bundesminister a.D. Dr. Franz Josef Jung warnte in seiner Rede davor, sich nicht vom neuen Präsidenten des iranischen Regimes, Masoud Peseschkian und seinem Auftreten in der Öffentlichkeit täuschen zu lassen. Anstatt sich mit den jeweiligen Personen des Regimes zu befassen, die jeweils an der Macht sind, sollte sich die Welt lieber auf die Leistungen des iranischen Widerstandes in seinem Kampf um Freiheit konzentrieren. „Dieser Widerstand hat eine klare Plattform und das Zehn-Punkte Programm von Präsidentin Maryam Rajavi wird vorgestellt. Es ist ein Programm zur Errichtung von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und einer säkularen und demokratischen Republik, die in der Lage ist, die demokratischen Kräfte und ethnischen Minderheiten im Iran zu vereinen.Dieser Widerstand hat eine 45-jährige Geschichte des Kampfes gegen die klerikale Diktatur, was zeigt, dass er es ernst meint und bereit ist, einen hohen Preis für die Freiheit zu zahlen.Dieser Widerstand verfügt über Strukturen und Organisationen sowohl im Inland als auch im Ausland“, sagte Dr. Jung.
Er wies auch darauf hin, dass das iranische Regime seit Jahrzehnten mit allen Mitteln versucht, den Westen von dieser Alternative abzulenken, damit er sich stattdessen mit dem Regime arrangiert. „Das iranische Regime übt Druck auf westliche Länder aus, den iranischen Widerstand auszugrenzen. Die Lobbys des Regimes wiederholen diese Propaganda im Westen. Wir dürfen nicht in die Falle des iranischen Regimes tappen. Die richtige Politik besteht in der Zusammenarbeit mit dieser demokratischen Opposition.“, betonte Dr. Jung in seiner Rede.

Richter Schomburg: Ein UN-Tribunal gegen das iranische Mullah-Regime

Wolfgang Schomburg, früherer UN-Richter bei Sondertribunalen über Menschenrechtsverbrechen in Jugoslawien und Ruanda, sprach in seiner Rede detailliert über das Massaker von 1988, wo innerhalb weniger Monate nach einer Fatwa von Ruhollah Chomeini 30.000 politische Gefangene hingerichtet wurden, die meisten davon Anhänger der Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK).

Er betonte, dass der Prozess gegen Hamid Noury, einem Gefängniswärter aus dem Evin Gefängnis während des Massakers von 1988, in Schweden einen wichtigen Meilenstein im Umgang mit dem Massaker darstellte. „Hamid Noury wurde wegen Beteiligung an diesem Massenmord in Schweden zu lebenslanger Freiheitsstrafe (inzwischen rechtskräftig) verurteilt, jedoch mittels Erpressung durch die Iranische Regierung 2024 im Austausch freigelassen. Dies ändert nichts an den klaren Feststellungen zu den Tatabläufen in dem Urteil des Tingsrätt Stockholm vom 14. Juli 2022 (Aktenzeichen B 15255-19) auf mehr als 200 Seiten.“, sagte Schomburg.

Er fuhr fort: „Ein friedlicher Umsturz kann im Iran nicht mehr erwartet werden. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist derzeit mit akuten Fällen überlastet, zumal es hier nicht um die Verfolgung einiger weniger Täter geht, sondern um weitgreifende, systematisch Delinquenz. Die Zeit von 1988 bis zur der Errichtung des IStGH fiele zudem nicht in dessen Zuständigkeit.“

„Aus meiner Sicht ist es daher an der Zeit, nach den Beispielen von Ruanda, dem früheren Jugoslawien aber u.a. auch Sierra Leone und Kambodscha ein Tribunal zu errichten, dessen Aufgabe es ist, die schwersten internationalen Verbrechen zu verfolgen, die seit 1988 auf dem Territorium des Iran begangen wurden. Der Glaube an das Recht muss wieder stärker werden als das archaische Vertrauen auf Gewalt.“


Dutzende von Familienangehörigen der Opfer nahmen an der Konferenz teil und hielten die Bilder ihrer ermordeten Angehörigen hoch. Ein Überlebender des Massakers von 1988, der 13 Jahre im Gefängnis verbrachte, berichtete bewegend von seinen Erlebnissen.

Botschafter Joachim Rücker, ehem. Präsident des UN-Menschenrechtsrats, sagte: „Vielmehr sieht Prof. Rehman auch „considerable evidence“ das es sich um Genzozid handelt, weil die Opfer auf der Basis einer Fatwa des Ajatollah Khomeini als vom Glauben abgefallene Gruppe, und nicht als Individuen, verfolgt und ermordet wurden. Die Gruppenverfolgung ist übrigens nicht auf die Anhänger der PMOI beschränkt, es werden auch andere Oppositions- und Volksgruppen wie z.B. die Bahai ausdrücklich erwähnt. Die Internationale Gemeinschaft und die UN müssen nun handeln. Es kann nicht sein, dass die Verbrecher einschließlich bekannter Mitglieder der sog. Todeskommission bis heute hohe und höchste Ämter im Staatsapparat der Islamischen Republik Iran ausüben und nicht zur Rechenschaft gezogen werden.“

Vertreterinnen und Vertreter von Deutsch-Iranischen Gesellschaften sprachen ihre volle Unterstützung für das 10-Punkte-Programm von Präsidentin Maryam Rajavi aus.


Der Menschenrechtsaktivist Martin Patzelt hielt drei Fotos von aktuell zum Tode verurteilten politischen Gefangenen hoch und sagte: „In den letzten zehn Tagen wurde das Todesurteil gegen drei politische Gefangene verhängt: Behrouz Ehsani, Mehdi Hassani und Javad Vafaie. Ihnen wird vorgeworfen, die wichtigste iranische Oppositionsbewegung, die Volksmojahedin, unterstützt zu haben. Javad Vafaie ist Boxmeister. Sein Leben ist in unmittelbarer Gefahr“.

Patzelt verwies in seiner Rede darauf, nicht nur auf die Verbrechen des Regimes in der Vergangenheit und Gegenwart zu schauen, sondern sich vor allem eine Strategie für einen zukünftigen Iran zu konzentrieren, der das Potential hat, den Alptraum des Regimes im Iran mit einer besseren Variante zu beenden. Patzelt sagte dazu: „Der Iran braucht Freiheit. Das Gesicht des freien Iran ist Maryam Rajavi und ihre demokratische Bewegung. Das ist die Chance der Zukunft dieses Landes. Die Aktivisten dieser Widerstandsbewegung sind im wahrsten Sinne des Wortes Menschenrechtsaktivisten. Sie müssen nicht nur unterstützt, sondern vor den Angriffen der Mullahs geschützt werden. Eine Ausgrenzung dieser demokratischen Bewegung ist moralisch falsch, politisch fehlgeleitet und strategisch destruktiv. Das ist genau das, was die Ayatollahs wollen und wünschen. Damit sollte sofort Schluss sein.“