Am Freitag 7. September wurde das iranische Konsulat in der südlichen Provinz Basra von hunderten von Demonstranten gestürmt; dort war schon vier Tage lang im Sinne sozialer Forderungen demonstriert worden. Dabei war es zum Tod von neun Personen gekommen.
Das iranische Konsulat in Basra hat bestätigt, dass sein Gebäude durch Brand zerstört wurde; es befindet sich in der Nachbarschaft von al-Bardaiya, südöstlich vom Zentrum der Stadt. Berichtet wurde auch von Demonstranten, die zum Palast des Präsidenten in Basra hin unterwegs waren.
Bei Zusammenstößen mit der Polizei starben seit Montag mindestens 10 Demonstranten, darunter drei, die am Donnerstagabend die Polizei erschoss, als Molotow-Cocktails geworfen und ein Regierungsgebäude sowie die Büros der schiitischen Milizen in der Stadt in Brand gesetzt wurden.
Die Demonstrationen in Basra und anderen Städten – es waren seit Jahren die schwersten, die das ölreiche südliche Kernland des Irak erschütterten – fordern seit dem Juli das Aufhören der epidemischen Korruption, der bedrückenden Arbeitslosigkeit und des mangelhaften Zustands des öffentlichen Dienstes. Anfang dieser Woche kam es zu Zusammenstößen; dabei starben einige Zivilpersonen und einige Polizisten. Premierminister Haider al-Abadi ordnete eine Ermittlung der Gewalttaten an; kein Anzeichen spricht dafür, dass sie abnehmen.
Die Gewalttätigkeit veranlasste den zeitweiligen Vorsitzenden des irakischen Parlaments, seinen ältesten Abgeordneten, dazu, für Samstag eine Dringlichkeitssitzung anzuberaumen, auf der die Zunahme der Demonstrationen erörtert werden soll.
Die Demonstranten skandierten am Freitagabend vor dem iranischen Konsulat anti-iranische Slogans, darunter: „Iran, hinaus, hinaus!“ Darnach stürmten sie das Konsulat und setzten es innen in Brand. Man sah, wie von dem Gebäude Rauch aufstieg. Die Demonstranten verbrannten auch eine iranische Fahne. Viele Bewohner der vorwiegend von Schiiten bewohnten Stadt werfen den vom Iran unterstützten politischen Parteien vor, sich in die irakische Politik einzumischen; manche machen sie verantwortlich für die mangelhafte Verwaltung und die mangelhaften Dienstleistungen der Stadt.
Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Bahram Ghasemi, verurteilte den Angriff auf das iranische Konsulat in Basra und sagte, vom Stabe sei niemand verletzt worden – so der Bericht des staatlichen Fernsehens des Iran am Freitag.
Ghasemi fuhr fort, durch den Angriff sei das Gebäude des Konsulats schwer beschädigt worden.
An einer anderen Stelle der Stadt versuchten die Demonstranten, das Hauptquartier der schiitischen Miliz „Assaib Ahl Al-Haq“ anzugreifen; die dort stationierten Garden eröffneten das Feuer. Es wurde nicht unmittelbar klar, ob es zu Unglücksfällen kam.
Andere Demonstranten legten auf den Hauptstraßen und Autobahnen Feuer; sie ignorierten das von den Behörden verhängte Ausgehverbot.
Inzwischen begann die Polizei in Bagdad mit einer Suchoperation, um festzustellen, woher die drei Mörsergranaten kamen, die in Bagdads stark gesicherter Grünen Zone aufschlugen.
Ebenfalls am Freitag marschierten verärgerte Demonstranten zu dem Gebiet der Präsidentenpaläste der Stadt, wo schiitische paramilitärische Truppen stationiert sind; sie versuchten einzudringen. Mindestens drei Fahrzeuge der Truppen fuhren in die Menge der Demonstranten hinein. Einer von ihnen wurde getötet und vier verwundet – so ein Beamter des Gesundheitswesens, der anonym bleiben wollte, weil er nicht autorisiert war, zur Presse zu sprechen.
Für die Mörsergranaten, die am Freitag eben nach Mitternacht an einer verödeten Stelle der Grünen Zone landeten, ist bisher niemand verantwortlich gemacht worden; es wurden keine Unglücksfälle gemeldet.
Der Angriff – dort in seiner Art selten – fand inmitten einer politischen Krise und vor dem Hintergrund der Demonstrationen in Basra statt; er führte dazu, dass die Spannung in dem Land überall zunahm.
Das neu gewählte Parlament hielt Anfang der Woche seit den nationalen Wahlen im Mai seine erste Sitzung ab. Sie wurde wegen Uneinigkeit zwischen den beiden Blöcken vertagt; beide behaupteten, die Mehrheit der Sitze für sich beanspruchen und eine neue Regierung bilden zu können.
Das neue Parlament sieht sich der doppelten Aufgabe gegenüber, den Norden des Landes nach dem Krieg gegen die Gruppe der Islamischen Staaten zu restaurieren und im Süden den öffentlichen Dienst wiederherzustellen, wo empfindlicher Mangel an Wasser und Strom zu Demonstrationen geführt hat.
Eine Koalition, die al-Abadi und der populistische Geistliche Moqtada al-Sadr anführen, wird von den USA und Saudi-Arabien unterstützt; eine Allianz des ehemaligen Premierministers Nouri al-Maliki und des Milizen-Kommandeurs Hadi al-Amiri wird vom Iran gedeckt.
Beide Bündnisse werden von Schiiten beherrscht, die seit dem Abtritt von Saddam Hussein im Jahre 2003 die größere Macht im Irak besitzen. Die größten sunnitischen Blöcke sind auf al-Abadi und al-Sadr ausgerichtet. Die beiden wichtigsten Kurdenparteien des Irak haben sich für keine Seite entschieden.
Ein Vertreter des geistlichen Oberhaupts der schiitischen Gemeinschaft, Groß-Ayatollah Ali al-Sistani, verurteilte in einer Predigt des Freitagsgebetes die gegen friedliche Demonstranten eingesetzte Gewalttätigkeit und forderte die rasche Bildung einer neuen Regierung, die in der Lage wäre, sich mit den Herausforderungen zu befassen, die das Land bedrücken.
Quellen: Al Arabiya und AP