Thursday, March 28, 2024
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Die Opfer der Repression im Iran sind auch Opfer des Schweigens im Westen

Von Shaqayeq Azimi

Veröffentlicht in The Hill

Meine Eltern wurden vor einiger Zeit, nämlich Ende Oktober bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung in Teheran durch Agenten des iranischen Nachrichtendienstes festgenommen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich von ihrer Verhaftung höre;

aber ich werde mich niemals daran gewöhnen. Ich bin jetzt den Sorgen um ihr Schicksal überlassen und muss zwangsläufig immer daran denken: Welche Folter werden  sie erdulden müssen? Werde ich sie jemals wiedersehen können?

Keinem von uns, auch nicht meiner älteren Schwester Niloufar, wurde der Grund für die Durchsuchung mitgeteilt. Ich weiß nicht, wo man sie festhält und ob sie womöglich verletzt sind. Die Behörden hüllen sich über ihren Fall genauso in Schweigen wie bei einer ganzen Anzahl anderer politischen Gefangenen.

Alles, was man über das iranische Regime aufzeichnet, zeigt, dass es keinen Grund braucht, um Leute zu verhaften. Es kann mit einer Vielfalt von Scheinvorwürfen daherkommen bei seinem rastlosen Versuch, Vertreter abweichender Auffassungen zu maßregeln. Als sich beim Protest von 2009 Millionen in die Straßen ergossen, wurden Hunderte willkürlich verhaftet, viele gefoltert und andere hingerichtet.

Meine Eltern unterstützen die wichtigste iranische Opposition, die Mujahedin-e Khalq (MEK). Vor kurzem wurden mehrere andere Unterstützer der MEK eingesperrt, weil das Regime versucht, den Zorn des Volkes zu ersticken.

Das iranische Volk hat die Propaganda, die Hassan Rohani als „gemäßigt“ ausmalt, niemals abgekauft. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben gewarnt, dass die Verstöße gegen das Recht im Iran  zugenommen haben, seit Rohani in Jahr 2013 das Amt übernommen hat.

Die Obama Administration und andere westliche Führer haben an der Auffassung festgehalten, dass Teheran nach dem Atomabkommen vom Juli vielleicht seine Aufmachung ändert. Aber ein Leopard verliert niemals seine Flecken.

Samantha Power, die Botschafterin der USA bei der UNO hat im vergangenen Monat bestätigt, dass der Test der Emad Rakete durch den Iran die UN Resolutionen verletzt hat. Eine dieser Resolutionen ist offensichtlich das Dokument, das die Umsetzung des Atomabkommens regelt. Obwohl dieses technisch noch nicht in Kraft ist, ist es schwierig, das Verhalten des Regimes als etwas anderes zu betrachten als seinen Verrat an dem Geist der vor kurzem von ihm selbst abgeschlossenen Verhandlungen.

Wenn dies eine gemäßigte Regierung wäre, würde sie nicht offen vor kurzem eingegangene Vereinbarungen verletzen. Ebenso wenig würde es die eigenen Bürger hinrichten  in einer Zahl, die höher ist als in irgendeinem Vorjahr. Mehr als 2000 Menschen wurden erhängt, seit Rohani das Amt übernommen hat – allein etwa 800 in diesem Jahr.

Die atemberaubende Zahl an Hinrichtungen ist Teil eines größeren Kriegs gegen die Menschenrechte: Maßregelungen, die zu immer strafferen Beschränkungen für Presse und Internet geführt haben, zur wachsenden Drangsalierung von Frauen und natürlich zu mehr Verhaftungen von Aktivisten, von Verteidigern der freien Rede und von Dissidenten.

Meine Eltern wurden seit den 1980er Jahren mehrere Male für ihre friedlichen Aktivitäten eingesperrt. Aber zur jetzigen Zeit scheint die Gefahr größer, weil das Regime gewillt ist, jede Form von Abweichung zu ersticken.

Es gibt auch einige Tausend andere Mitglieder der MEK, – zum Beispiel in Camp Liberty, Irak, – und andere Aktivisten, die der Gefahr von Repressalien ausgesetzt  sind, solange der Westen seine schreckliche Politik des Schweigens und der Anpassung an ein tyrannisches Regime fortsetzt. So wurde im letzten Monat Camp Liberty von sage und schreibe 80 Raketen angegriffen, wobei 24 Bewohner das Leben verloren haben.

Im jetzigen Klima der Repression wurde mehrfach demonstriert, dass keine Straftat gering genug ist, um dem Regime die Rechtfertigung eines Todesurteils zu nehmen. Im letzten Jahr wurde zum Beispiel  Gholamreza Khosravi im Gohardasht Gefängnis westlich von Teheran erhängt wegen Beschuldigungen, die aus nichts anderem bestanden als der, dass er für einen oppositionellen Satellitenkanal gespendet hat.

Wenn man es in einer breiteren Perspektive sieht, so sind Khosravi und meine Eltern auch Opfer der westlichen Politik gegenüber dem Iran. Daran interessiert, die Illusion eines gemäßigteren Regimes aufrechtzuerhalten und das Atomabkommen um jeden Preis zu behalten, haben die westlichen Führer in Wahrheit die sich ständig verschärfende Krise der Menschenrechte übergangen.

Diese Politik muss sich ändern, bevor es zu spät ist.

Ich für meinen Teil werde alles tun, um meine Eltern zu retten, nicht nur weil sie mir den Segen dieses Lebens gegeben haben, sondern weil sie mich gelehrt haben, als freier Mensch zu leben  im Kampf für einen demokratischen und säkularen Iran, damit kein anderes iranisches Mädchen sein ganzes Leben damit verbringen muss, sich um das Schicksal seiner Eltern zu sorgen.

Azimi, 22, ist eine Aktivistin der oppositionellen Mujahedin-e Khalq (MEK), die in Europa lebt. Sie hat zuvor in Camp Liberty, Irak, gewohnt, dem Heim von mehreren tausend iranischen Dissidenten.