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GEHEIME BASEN DES IRANISCHEN REGIMES IN SYRIEN

Samstag, 1. Oktober 2016 um 19:07 Uhr
El Confidencial  ist eine allgemeine Zeitung im Internet in spanischer Sprache und in Spanien ansässig, die spezielle Nachrichten aus den Sektoren Wirtschaft, Finanzen und Politik bringt. Am 1. Oktober  hat sie einen informativen Artikel über die Rolle des iranischen Regimes im syrischen Konflikt gebracht. Hier der vollständige Text:

GEHEIME BASEN DES IRANISCHEN REGIMES IN SYRIEN
„GÄBE ES KEINE IRANISCHE UNTERSTÜTZUNG; SO WÄRE [DER SYRISCHE PRÄSIDENT BASHAR] ASSAD SCHON LANGE VERTRIEBEN UND DIE SITUATION WÄRE EINE GANZ ANDERE”
Bericht: Faniel Iriarte // Format: Pablo Lopez Learte
„Gäbe es den Iran nicht, so wäre [der syrische Präsident Bashar] Assad schon lange vertrieben und die Situation wäre jetzt eine ganz andere“, sagt Shahin Ghobadi. Die Äußerung dieses Mitglieds des Ausschusses für Außenpolitik des Nationalen Widerstandsrats Iran überrascht nicht allzu sehr. Und doch gibt es mehrere Aufdeckungen, die diese Gruppe in einem Bericht  macht, der El Confidencial zugänglich ist: dass die ‚Beteiligung am  Krieg in Syrien sehr viel größer ist, als man vorher gedacht hat, und bis hin zu iranischen Offizieren reicht, die militärische Operationen kontrollieren, und dazu, dass die von Iranern kommandierten Truppeneinheiten zahlenmäßig größer sind als Assads eigene.
„Der Iran finanziert den Krieg. Es ist das iranische Regime, das Zehntausende irakischer Söldner und libanesischer sowie afghanischer Abgesandter bezahlt hat. Der Iran hat sogar die Russen dazu gebracht, fortgeschrittene Waffentechnik zu einem sehr geringen Preis zu liefern“, so Ghobadi. „Übrigens wurde dies mit Geldern bezahlt, die nach dem Atomabkommen mit dem Iran freigegeben wurden“, gab er gegenüber El Confidencial an.
Dem NWRI zufolge hat der Iran das Land in fünf militärische Regionen aufgeteilt (das Zentralgebiet und vier Hauptabschnitte), jede unter einem anderen Kommandozentrum. Die Hauptquartiere sind in einem Gebäude am Flughafen von Damaskus, dessen Codename „Glashaus“ ist. Laut den Opponenten haben nicht einmal Angehörige syrischer Einheiten dort Zugang. Von dort aus kann das iranische Militär die Ankunft von Vorräten aus dem Iran kontrollieren oder eine schnelle Evakuierung durchführen, falls die Insurgenten die syrische Hauptstadt einnehmen sollten. Außerdem folgen die auswärtigen Kämpfer, wie die Hisbollah, schiitische Milizen aus dem Irak und aus Afghanistan oder palästinensische Freiwillige nicht den Anordnungen syrischer Generäle, sondern denjenigen der Befehlshaber der Revolutionsgarden ( ‚Pasdaran’)
„Damit wird grundlegend das Ausmaß ihrer Beteiligung deutlich, das nicht auf eine kleine Partei von Beratern beschränkt ist. Diese Information stellt klar, dass der Iran den Krieg in Syrien führt, sie sind es, die die Leitung und die Kontrolle haben. Bis jetzt ist ihre Zahl weitgehend unterschätzt worden“, sagt Ghobadi. „Die Information kommt aus Quellen und einem Netzwerk von Informanten der Organisation der Volksmudschahedin [Mojahedin-e Khalq oder MEK], der wichtigsten iranischen Widerstandsgruppe. Wir haben ein Netzwerk im Iran besonders unter Vertretern des Regimes und insbesondere innerhalb der Revolutionsgarden. Wir haben das aus vielfältigen Quellen bestätigt bekommen“, gibt Ghobadi an.
Es gibt keinen Zweifel, dass der nationale Widerstandsrat Iran weit davon entfernt ist, eine Quelle zu sein, die keine Interessen innerhalb dieses Konflikts hat. Die Organisation hat ihre Basis in Paris und wird als eine Art säkulare Regierung im Exil betrachtet, die als politische Plattform für fünf Oppositionsgruppen dient, darunter die MEK, die bekannt ist für ihre Wirksamkeit bei der Aufdeckung von Geheimnissen des iranischen Regimes: es war diese Organisation, die im Jahr 2002 die Existenz der unterirdischen nuklearen Einrichtungen in Natanz und Arak enthüllt hat, womit der Anfang der Krise von Irans Atomprogramm  markiert wird.
„In Wahrheit, so erklären sie, ist der Iran jetzt schon seit einiger Zeit in den syrischen Konflikt und im Irak involviert. Sie versuchen mit allen Mitteln die schiitische Achse Iran-Irak-Syrien-Libanon lebendig zu halten und den Rest hinauszuwerfen. Es ist Fakt, dass das iranische Militär jeden Tag auf der Seite der syrischen Armee und der Hisbollah kämpfen “ , erläutert ein Experte für Fragen der Nachrichtendienste und Sicherheit, der von El Confidencial dazu konsultiert worden ist. „Die tatsächlichen Zahlen waren nicht genau bekannt, aber sie entsprechen den Erwartungen. Die iranischen Verluste beim Personal und beim Material sind bisher beträchtlich“, erklärt er.
Das sagt auch Colonel Pedro Baths (span.: Banos), Experte für Geostrategie, der von allem Anfang an  den Konflikt in Syrien im Detail beobachtet hat. „Es gibt sehr ausführliche und ins Detail gehende Daten, die selbst Analysten nicht bekannt sind, die sich diesem Gegenstand gewidmet haben, aber das Ganze ist vollkommen glaubwürdig“, meint er. „Die Nachrichten, die uns erreichen, besagen, dass kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein hochgestellter Oberst oder General an der syrischen Front stirbt, und wenn Leute an der Spitze getötet werden, so geschieht das auch mit Einheiten niederen Ranges. Es ist auch eine Flugbrücke im Gespräch, die schiitische Kämpfer und Assads Truppen mit Proviant versorgen soll. All das würde deshalb in den Rahmen der Logik dessen  passen, was sich im syrisch-irakischen Konflikt entwickelt“, so seine Beschreibung.
Eine der besonders auffälligen Feststellungen in diesem Bericht ist die Versicherung, dass die Kombattanten unter iranischer Kontrolle zahlreicher sind als die der Angehörigen der regulären Armee von Assad, dessen Truppen etwa 50.000 Leute umfassen sollen. Nach Schätzungen des NWRI kämpfen in Syrien zwischen 8000 und 10.000 Mitglieder der Revolutionsgarden und zwischen 5000 und 6000 reguläre Soldaten, 7000 bis 10.000 Mitglieder der Hisbollah und zwischen 40.000 und 47.000 zusätzliche Milizionäre aus anderen Ländern. Damit ergeben sich mindestens 60.000 Kombattanten.
Nach Aussage der Opponenten sind sie es zudem, die die Hauptlast bei den Kämpfen tragen. „Die syrische Armee kämpft nicht, das ganze Gewicht des Kampfes liegt bei den Iranern und ihren Söldnern. Die Syrer sind nur die lokalen Führer, die die anderen an die entsprechenden Orte bringen“, sagt Ghobadi mit Nachdruck. „Die Kämpfe sind so intensiv, dass das syrische Regime seinen Soldaten nicht traut. Die Situation ist sehr angespannt und könnte zum Nachteil gereichen. Deshalb sind es die Hisbollah oder irakische Milizen, die kämpfen“, ergänzt er.
Er ist nicht der einzige, der sagt, dass Assads Armee sich in erster Linie damit beschäftigt, Bestechungsgelder einzutreiben und die örtliche Bevölkerung zu terrorisieren, auf dem Schlachtfeld aber ganz und gar versagt. Anfang September erklärte Michail Khoradenok, ein russischer Militärexperte im Ruhestand, in einer halbamtlichen Veröffentlichung in Gazeta.ru , es sei unmöglich, das syrische Militär zu reformieren. „Assads Generäle glauben nicht, dass ihre Mannschaften das Land ohne auswärtige Hilfe in Ordnung bringen können. Sie planen keine Operationen in großem Maßstab, es mangelt an Munition und moderner Ausrüstung und es herrscht die Angst davor, dass große Verluste gemacht und dass dieser Kampf negativ ausgeht“,  schreibt Khodarenok.
„Als der Iran die tiefen Probleme, die Assad hatte, bemerkte,  fuhr Kassem Soleimani [Hauptkommandeur der Revolutionsgarden] nach Russland und bat Putin, sich zu beteiligen. Die Russen sollten Ziele für den Iran bombardieren, um den Vormarsch der Bodentruppen zu erleichtern“, so Ghobadi. „Beide Länder haben eine gemeinsame strategische Perspektive. Während aber Russland regionale Interessen hat, handelt es sich für den Iran um eine Überlebensfrage“.
„Ein Indikator für die Bedeutung des Krieges in Syrien für den Iran ist der Grad der Beteiligung der Revolutionsgarden. Sehr hochgestellte Kommandeure wurden nach Syrien geschickt und nehmen am Kampf teil wie Hossein Hamedani, der im vergangenen Oktober gestorben ist”, erklärt er. Er ist nicht der einzige hochgestellte iranische Vertreter, der in Syrien gefallen ist.
„Der Iran ist aus mehreren Gründen in Syrien tief involviert. Es gibt eine religiöse Motivation, die offenkundig ist und die in der Verteidigung des Schiismus besteht. Aber es ist auch zu berücksichtigen, dass das einzige Land im Krieg zwischen Iran und Irak den Iran unterstützt hat, Syrien war. So etwas wird nicht vergessen“, so Pedor Baths. „Und jetzt übernimmt der Iran mit Zustimmung der internationalen Gemeinschaft einen großen Teil der Kontrolle über den Nahen Osten gegen die sunnitischen Mächte am Golf, d.h. in Ländern wie dem Jemen, im Irak und natürlich in  Syrien”.
„Es ist zu beachten, dass die Zusammenstöße zwischen den Mächten heute nicht direkt ausgetragen werden, sondern über Akteure dazwischen“, erläutert Baths. „In diesem Fall gibt es eine Konfrontation zwischen den größeren Golfmächten, Saudi-Arabien auf der einen Seite und der Iran auf der anderen, einen Kampf um die Macht, in dem es aber auch um die Vormacht einer der beiden Hauptzweige des Islam geht“, so seine Einschätzung.
Ghobadi meint jedoch, dass es für den Iran um mehr geht, als um eine einfache Angelegenheit der regionalen Strategie. „Das iranische Regime sieht, dass seine heutige Bedeutung weitgehend auf dem Überleben von Assad beruht. Im Februar erklärte [Ajatollah] Ali Khamenei: ‚ Wenn wir in den Städten von Syrien nicht kämpfen, so müssen wir gegen die Opposition in unseren Städten kämpfen‘. Das ist ein Beleg für das Gewicht, das sie diesem Konflikt zuschreiben. Dieses besteht für den Iran in weit mehr als nur in einer Sache regionaler Politik“, so der Sprecher der Opposition. „Sie glauben, dass sie, wenn sie sich zurückziehen, sehr schnell den eigenen Fall erleben werden“.