Thursday, March 28, 2024
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Iran: Repression, eine verzweifelte Reaktion auf wachsende Unruhen

 

Seit Anfang Januar gab es zahlreiche Berichte darüber, dass die Behörden des iranischen Regimes hart gegen Oppositionelle und politische Gefangene vorgegangen sind. Dennoch gibt es anhaltende Anzeichen öffentlicher Unruhen und trotz der staatlichen Propaganda, die versucht, ein Bild von Stärke und breiter sozialer Unterstützung für die Kleriker zu vermitteln.
Am 5. Januar wurde eine Statue des beseitigten Befehlshabers der Quds-Einheit, Qassem Soleimani, von Widerstandseinheiten, die der führenden Oppositionsgruppe des Landes, der Organisation der Volksmojahedin des Iran (PMOI/MEK), angehören, in Brand gesteckt.

Das in-Brand-setzen von Soleimanis Statue in Shahr-e Kord erfolgte nur wenige Stunden nach ihrer Enthüllung, und es war nur das jüngste Beispiel für Protest und Widerstand einer widerstreitenden Gesellschaft im Iran, die sich nach Veränderung sehnt. Andere Bilder und Transparente von Soleimani werden unentwegt in Städten im ganzen Iran angezündet.

Im November 2019 beteiligten sich Einwohner von fast 200 iranischen Städten und Gemeinden an einem Aufstand, indem sie Slogans wie „Tod dem Diktator“ skandierten und die wachsende öffentliche Unterstützung für einen Regimewechsel hervorhoben. Als Reaktion darauf erschossen die Machthaber des Regimes innerhalb weniger Tage etwa 1.500 Menschen.

Monatelang führte die iranische Justiz eine systematische Folterkampagne gegen die Inhaftierten durch. Damals wurde die Justiz von Ebrahim Raisi geleitet, der dafür bekannt ist, im Sommer 1988 eine führende Rolle bei dem Massaker an 30.000 politischen Gefangenen gespielt zu haben. Weniger als zwei Jahre nach dem Aufstand wurde Raisi als neuer Präsident eingesetzt; ein Schritt, den viele Beobachter als Belohnung, für seinen jahrzehntelangen Dienst an der Unterdrückung abweichender Meinungen durch das Regime, interpretierten.

Viele derselben Beobachter gingen davon aus, dass Raisis Aufstieg in die Präsidentschaft die unterdrückerischen Vorgehensweisen des Regimes beschleunigen würde, das nach einem Aufstand im Januar 2018 begann und in der Folge des Aufstands im November 2019, und den Protesten gegen die Katastrophe von Flug 752, und darüber hinaus fortgesetzt wurde. Die Berichte vom Januar über willkürliche Misshandlungen und Belästigungen untermauern diese Vorhersagen, ebenso wie die Tatsache, dass das iranische Regime, der pro Kopf führende Henker iranischer Bürger, die Zahl der Hinrichtungen unmittelbar nach Raisis Ernennung bereits stark erhöht hat.

Das iranische Regime beendete das Jahr 2021 mit durchschnittlich mindestens einer Hinrichtung pro Tag, und die Schätzungen für die Gesamtzahl der staatlich genehmigten Tötungen werden wahrscheinlich weiter steigen, da weiterhin Informationen aus iranischen Aktivistennetzwerken in die Medien sickern.

Am 9. Januar erhielt ein Aktivist namens Mohammad Javad Vafaei als erster bekannter politischer Gefangener im Jahr 2022 die Todesstrafe. Das Urteil wurde verhängt, nachdem er bereits fast zwei Jahre ohne Verurteilung in Haft verbracht hatte, nachdem er angeklagt worden war wegen Unterstützung der MEK und „Korruption auf Erden“.

Wenige Tage vor Vafaeis Verurteilung und nur einen Tag nach der in-Brand-Setzung der Soleimani-Statue wurden drei Aktivistinnen durch Zusammenarbeit mit den MEK wegen „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ zu Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren verurteilt. Die jüngste dieser Frauen ist 59 Jahre alt und die älteste 69 Jahre alt, und alle drei verbrachten zuvor, wegen ihres Jugendaktivismus für die MEK in den 1980er Jahren, einige Zeit im Gefängnis.

Selbst kurze Haftzeiten im Iran können für Menschen im fortgeschrittenen Alter oder an einem schlechten Gesundheitszustand lebensbedrohlich sein, wie jüngste Berichte über die Notlage eines anderen politischen Gefangenen, Mehdi Salehi Ghaleh Shahrokhi, zeigen. Der 38-jährige Teilnehmer des Aufstands im Januar 2018 erlitt die doppelten Auswirkungen eines Herzleidens und einer Kopfwunde, die er sich zum Zeitpunkt seiner Festnahme zugezogen hatte, er wurde aber erst letzten Monat nach langen Verzögerungen in die Krankenstation des Gefängnisses gebracht.

Dem letzten Bericht zufolge lag Shahrokhi nach einem Schlaganfall, der durch die Injektion eines falschen Medikaments verursacht wurde, in einem medizinisch bedingten Koma. Trotzdem bleibt er unter strenger Bewachung, und seiner Familie ist es untersagt, ihn zu besuchen. Solche Misshandlungen sind typisch für politische Gefangene und können sogar tödlich sein.

Im vergangenen März wurde eine weitere politische Gefangene namens Leila Hosseinzadeh freigelassen, nachdem sie zweieinhalb Jahre ihrer ursprünglich sechsjährigen Haftstrafe verbüßt hatte, weil die medizinische Untersuchung ergab, dass die Bedingungen im Evin-Gefängnis ihr Leben gefährden könnten. Aber inmitten der aktuellen Unterdrückung im Iran, wurde sie aufgefordert, eine fünfjährige Haftstrafe wegen „Versammlung und geheime Absprache gegen die nationale Sicherheit“ zu verbüßen, basierend auf ihrer Organisation einer kleinen Studentenversammlung zur Unterstützung eines weiteren politischen Gefangenen.
Hosseinzadehs Rückkehr ins Evin-Gefängnis zeigt das Vermögen des Regimes, politische Häftlinge durch Misshandlung und Ausnutzung von Gesundheitsrisiken zu töten. Es ist zu erwarten, dass sich diese Praxis parallel zu den formellen Hinrichtungen beschleunigen wird, da die Behörden unter der Führung von Ebrahim Raisi weiterhin hart gegen regierungsfeindlichen Aktivismus vorgehen, insbesondere gegen den, der mit den MEK in Verbindung gebracht wird.

Die MEK waren während des Massakers von 1988 das Hauptziel der „Todeskommission“, der Raisi angehörte. Der Organisation wurde weithin zugeschrieben, dass sie regierungsfeindliche Slogans populär gemacht und die landesweiten Aufstände sowohl 2018 als auch 2019 unterstützt und gefördert hatte. Die Widerstandseinheiten der MEK verbrannten auch Dutzende von Bildern von Soleimani in den Wochen vor der Enthüllung seiner Statue in Shahr-e Kord.

Die jüngsten und anhaltenden Repressalien zeigen, dass das Regime strengere Maßnahmen ergreift, um zu versuchen, das MEK-Netzwerk zu stören und jeden öffentlichen Dissens zu bestrafen. Die internationale Gemeinschaft darf nicht tatenlos zusehen und dies zulassen. Stattdessen müssen die Vereinten Nationen und ihre führenden Mitgliedsstaaten Druck auf das iranische Regime wegen seiner Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit ausüben, um zu demonstrieren, dass mehr davon nicht länger toleriert wird, schon gar nicht in einer Zeit, in der die Zahl der iranischen Bürger zunimmt die auf Freiheit und Demokratie in ihrem Heimatland drängen. Die Tradition der Straflosigkeit muss ein Ende finden.