New York – In die Suche des UN-Sicherheitsrates nach einer Strategie im Atomstreit mit Iran kommt Bewegung. Das so genannte EU-Trio – Deutschland, Großbritannien und Frankreich – will sich mit hochrangigen Vertretern der USA, Russlands und Chinas treffen.
Bei den Verhandlungen solle es darum gehen, die Kluft zwischen den USA und den Europäern auf der einen und Russland sowie China auf der anderen Seite zu überwinden, sagte ein westlicher Diplomat am Freitag in New York. Darüber hinaus will das EU-Trio Überlegungen zur längerfristigen Auseinandersetzung mit dem iranischen Atomprogramm anstoßen, hieß es.
Den Angaben des Diplomaten zufolge war die Zusammenkunft zwischen den fünf Vetomächten und Deutschland schon vor geraumer Zeit avisiert worden – und nicht erst jetzt als Reaktion auf die zeitweise festgefahrenen Verhandlungen in New York. Aus Berlin will der politische Direktor im Auswärtigen Amt, Michael Schäfer, anreisen, aus London und Paris seine Amtskollegen John Sawers und Stanislas de la Boulaye. Washington schickt den Staatssekretär im Außenministerium, Nicholas Burns, und Moskau Vize-Außenminister Sergej Kisljak.
Der Sicherheitsrat kam am späten Freitag erstmals zu formalen Beratungen über britisch-französische Vorschläge für eine gemeinsame Stellungnahme an Teheran zusammen. Der Rat hat nach Angaben der USA, Frankreichs und Großbritanniens weitgehend Übereinstimmung erzielt. Der amerikanische UN-Botschafter John Bolton äußerte nach ersten formellen Beratungen die Hoffnung, dass der Rat schon am Dienstag seine offizielle Erklärung an den Iran richten könne. Darin soll Teheran nach Auskunft von Diplomaten aufgefordert werden, seine Uran-Anreicherung umgehend aufzugeben und nukleare Forschungsaktivitäten einzustellen. Weiterhin wird die iranische Regierung in dem jüngsten Entwurf ermahnt, den Bestimmungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien zu folgen und vertrauensfördernde Schritte zu unternehmen.
Die Botschafter Frankreichs und Großbritanniens, Jean-Marc de La Sablière und Sir Emyr Jones Parry, erläuterten am Abend in New York, dass die mit Deutschland erarbeitete Textvorlage revidiert und um die Kommentare anderer Ratsmitglieder angereichert worden sei. "Wir sind dem Abschluss sehr nahe", sagte Sablière optimistisch. Er hoffe auf den Konsens aller 15 Ratmitglieder.
Nach dem neuen Entwurf soll die Atomenergiebehörde innerhalb einer noch nicht festgelegten Frist überprüfen, ob Teheran den Forderungen des Sicherheitsrates Folge geleistet und die Uran-Anreicherung gestoppt hat. Die USA setzen sich für eine 14-Tage-Frist ein. Dagegen hält China vier bis sechs Wochen für angemessen. In EU-Kreisen wird dem Vernehmen nach eine 30-Tage-Frist erwogen. Russland tendiert nach Auskunft von Diplomaten eher zu drei Monaten. Eine Entscheidung in dieser Frage könnte ein Treffen hochrangiger Vertreter des EU-Trios und der USA, Russlands und Chinas an diesem Montag in New York herbeiführen.
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete am Samstag, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) US-Präsident George W. Bush telefonisch die Zusage abgerungen habe, Deutschland als Partner des EU-Trios weiterhin an den Gesprächen zu beteiligen. Laut "Spiegel" hatte Bolton seinem deutschen Kollegen Gunter Pleuger vergangene Woche in New York von den Iran-Beratungen der fünf Vetomächte im Sicherheitsrat ausgeschlossen. An den Beratungen am Freitagabend nahmen deutsche Diplomaten teil. An dem Treffen der politischen Direktoren am Montag in New York nimmt Michael Schäfer vom Auswärtigen Amt in Berlin teil.
Ein offener Punkt der Verhandlungen ist weiterhin, ob der Sicherheitsrat oder die Atomenergiebehörde die Federführung im Streit um Irans Atomprogramm übernimmt. Moskau und Peking pochen darauf, dass der Sicherheitsrat die Angelegenheit nach seiner Erklärung an Wien zurückgibt. Die USA wollen sie in New York beim Sicherheitsrat behalten, der Sanktionen gegen Teheran verhängen könnte.
Der Text für die geplante Ratserklärung lässt die Frage offen. Er weist den IAEO-Direktor an, seinen Prüfbericht zum Iran parallel an den Sicherheitsrat und den IAEO-Gouverneursrat in Wien zu schicken. Der Gouverneursrat hatte den Fall Iran nach New York überwiesen, weil die IAEO Zweifel an der ausschließlich zivilen Nutzung des iranischen Atomprogramms hegt. Vor allem die USA befürchten, dass Teheran unter dem Vorwand einer friedlichen Nutzung der Nuklearenergie am Bau von Atombomben arbeitet.