Spiegel Online: Erfolg für die iranische Exil-Opposition: Ein EU-Gericht hat einer Klage der Volksmudschahidin stattgegeben und die EU-Liste terroristischer Organisationen für rechtswidrig erklärt. Damit dürfen die Mitgliedstaaten das Vermögen der Gruppe nicht länger einfrieren.
Luxemburg – Das Europäische Gericht erster Instanz hob heute in Luxemburg eine entsprechende Entscheidung der EU-Regierungen auf. Der Beschluss aus dem Jahr 2002 habe die Rechte der Gruppe auf Rechtsschutz und die Begründungspflicht verletzt, urteilten die Richter.
Der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte verlangt laut Gericht, dass die Betroffenen so weit wie möglich über die Grundlagen eines solchen Ratsbeschlusses informiert werden. Aus der Begründung müsse auch hervorgehen, warum der Rat eine Gruppe oder Person auf die Terrorliste setze. Schließlich müssten die Betroffenen gegen einen solchen Beschluss Klage bei Gericht erheben können, damit ihr Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erhalten bleibe.
Es ist das erste Mal, dass ein Eintrag auf der EU-Anti-Terror-Liste von einem Gericht gekippt wird. Die Entscheidung ist für die EU-Staaten bindend, sie könnten jedoch beim Europäischen Gerichtshof in Berufung gehen.
Die Volksmudschahidin hatten sich 1965 mit dem Ziel gegründet, die Regierung des Schahs von Persien zu stürzen. Später kämpfte sie auch gegen die Regierung der Mullahs, um eine demokratische Regierung einzusetzen. Sie verfügte nach Feststellung des Gerichts über einen bewaffneten Arm, der in Iran operierte. Die Gruppe gibt jedoch an, seit 2001 der Gewalt abgeschworen zu haben.
Das EU-Gericht stellt in seinem Urteil erstmals Regeln für die Eintragung von Gruppen auf der EU-Anti-Terror-Liste auf, mit der Vermögen eingefroren wird. Diese Regeln gelten allerdings nur für Fälle, in denen die EU selbst entscheidet, ob sie eine Gruppe oder Einzelne auf die Liste setzt. Das Gericht unterschied dies ausdrücklich von Fällen, in denen die EU lediglich Beschlüsse des Uno-Sicherheitsrates umsetzt, in denen bereits konkrete Gruppen genannt sind.
Der EU-Ministerrat peilt nun ein neues Verfahren zur Aufstellung seiner Terrorliste an, um juristische Probleme in Zukunft zu vermeiden. Zunächst werden Juristen nach Angaben aus Ratskreisen prüfen, ob die Institution gegen das Urteil des EU- Gerichts Rechtsmittel einlegt.
Neben den Volksmudschahidin haben nach Ratsangaben zwei weitere Organisationen und eine Einzelperson fristgerecht Klagen gegen ihre Aufnahme auf die Liste eingereicht. Dies seien die Aksa-Brigaden, die auch Kongra-Gel genannte Kurdische Arbeiterpartei PKK und der philippinische Kommunistenführer Jose Maria Sison. Eine mögliche Änderung des Verfahrens könnte auch anderen Personen und Gruppen nachträglich eine Klagemöglichkeit eröffnen.