Friday, March 29, 2024
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Iran: EGL-Gaspipeline steht unter Druck

EGLHandelszeitung – Der Schweizer Energieriese EGL hat nicht nur einen umstrittenen Gasvertrag mit dem Iran abgeschlossen, sondern plant mit Partnern auch eine neue Gaspipeline. Doch der Iran-Deal belastet das Projekt.

Mit den verschärften Sanktionen gegen den Iran ist nicht nur das Gasabkommen der schweizerischen Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg (EGL) wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Die Aufmerksamkeit richtet sich auch auf die Trans-Adriatic Pipeline (TAP), die unter Beteiligung der EGL gebaut werden soll – in der öffentlichen Wahrnehmung darum, um das Gas aus dem umstrittenen EGL-Deal mit dem Iran nach Westeuropa zu transportieren.

IRAN ALS MÜHLSTEIN
Spricht man die Verantwortlichen des Projekts TAP heute auf den Gasdeal mit dem Iran an, werden sie schweigsam. Kjetil Tungland, der Projektdirektor von TAP, sagt im Gespräch dazu nur: «Gaslieferverträge unserer Besitzer kommentiere ich nicht.» An TAP beteiligt sind neben der EGL (42,5%) die norwegische Statoil (42,5%) sowie die deutsche E.ON (15%). Und Tungland beeilt sich anzufügen: «TAP ist ein Pipeline-Projekt für Gas aus Aserbaidschan.» Gefüllt werden soll die Pipeline also nicht mit dem politisch explosiven Iran-Gas, sondern mit Gas des Feldes Shah Deniz, das vor der Küste von Aserbaidschan im Kaspischen Meer liegt. Derzeit ist das Betreiberkonsortium daran, unter dem Namen Shah Deniz 2 die Ausbeutung des zweiten Teils der Vorkommen voranzutreiben.

Kenner der Materie räumen hinter vorgehaltener Hand allerdings ein: Obwohl zumindest vorerst gar kein Iran-Gas durch die TAP-Röhren fliessen soll, ist der Deal der EGL mit dem Iran ein Nachteil für das Projekt. Es schadet dem Ruf des Vorhabens in der Öffentlichkeit und in der Politik – und der Bau einer Pipeline ist immer auch eine politische Angelegenheit. Auch Terence Murphy, Professor für Internationale Beziehungen an der American University in Paris, sagt gegenüber der «Handelszeitung», der Iran-Deal der EGL sei ein Hindernis für die TAP.

Jonathan Stern, Professor am Oxford Institute for Energy Studies, sieht die Auswirkungen des Gasdeals auf die TAP zwar weniger kritisch: Die EGL sei schliesslich «eine respektable Firma». Er zweifelt aber grundsätzlich daran, ob jemals Gas aus dem Iran fliessen wird – eine Einschätzung, der Terence Murphy beistimmt: «Der Iran kann nicht einmal den inländischen Kunden genügend Gas liefern», so Murphy; das Energiesystem des Landes liege am Boden.

Für das TAP-Projekt bedeutet das eines: Um den politischen Schaden in Grenzen zu halten, muss es der Welt klarmachen, dass es auf Gas aus Aserbaidschan setzt und nicht auf solches aus dem Iran. Gemäss heutigem Stand der Planung in Aserbaidschan soll das Feld Shah Deniz 2 künftig jährlich 16 Mrd m3 Gas produzieren. Rund 6 Mrd m3 will Aserbaidschan an die Türkei verkaufen, für die restlichen gut 10 Mrd m3 sucht das Land unter mehreren Bietern Käufer. Diese 10 Mrd m3 entsprechen praktisch genau der Kapazität der TAP; bereits seien Verhandlungen mit dem Shah-Deniz-Konsortium über den Kauf des Gases aufgenommen worden, wie Tungland bestätigt. Weil dieses Gas ab 2016 fliessen soll, muss die TAP laut Tungland den Bauentscheid voraussichtlich nächstes Jahr fällen. Können sich EGL, Statoil und E.ON das aserbeidschanische Gas nicht sichern, müssen sie die TAP begraben, denn: «Bis mindestens 2020 gibt es in diesem Raum nur Gas für eine Pipeline», so Jonathan Stern vom Oxford Institute.

Wer zum Zug kommt, ist völlig offen. Laut Jonathan Stern stehen die Chancen für die TAP «so gut wie für jedes andere Projekt». Konkurrenz aus Europa erhält die TAP von den beiden Vorhaben Nabucco und ITGI, die sich ebenfalls um das Gas aus Shah Deniz 2 bemühen (siehe Grafik).

SELBST RUSSLAND MISCHT MIT
Terence Murphy sieht in Nabucco keinen ernsthaften Konkurrenten für die TAP: Für das Riesenprojekt lasse sich schlicht zu wenig Gas finden. Die Vorteile sieht Murphy derzeit aber eher auf Seiten der IGTI, eines gemeinsamen Vorhabens des italienischen Stromkonzerns Edison und des griechischen Gasmonopolisten Depa. Doch laut Murphy muss noch viel anderes in die Rechnung einbezogen werden – so etwa die russische Gazprom, die im Kampf um das aserbaidschanische Gas ebenfalls mitmischt.