Thursday, March 28, 2024
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“Al-Quds” – Irans Spezialtruppe für Terror und Anschläge weltweit

Von Thomas Frankenfeld
Hamburger Abendblatt – Gegen 17 Uhr am 20. Januar 2007 fuhr ein Konvoi aus fünf Geländewagen auf das streng gesicherte Areal des "Provincial Joint Coordination Centers", eines Koordinationszentrums für die amerikanisch-irakischen Streitkräfte in Kerbela. Die US-Armee hielt dort ein Treffen mit irakischen Offiziellen der Region ab, dabei ging es um den Schutz schiitischer Pilger.

Die Wachtposten am Tor erkannten die amerikanischen Uniformen, Waffen, Funkgeräte und Ausweise, hörten die Männer englisch sprechen und ließen sie passieren. Doch sobald der Konvoi das Tor durchquert hatte, sprangen zwölf schwerbewaffnete Männer aus den Wagen und eröffneten das Feuer. Die Angreifer töteten einen US-Soldaten und verschleppten vier weitere. Deren Leichen wurden später in der Nachbarprovinz Babil gefunden.

Den US-Streitkräften war schnell klar, dass eine so präzise Operation kaum von einfachen Rebellen ausgeführt worden sein konnte. Der Verdacht richtete sich gegen eine schattenhafte Spezialtruppe, deren operative Fähigkeiten als sehr hoch eingeschätzt werden: die Al-Quds-Einheit.

Während der Kämpfe im Irak haben die US-Truppen bereits mehrere Al-Quds-Kämpfer gefangen genommen. Darunter waren im Dezember mit dem iranischen Brigadegeneral Mohsen Chirazi sowie Oberst Abu Amad Davari zwei hochrangige Kommandeure. Denn die Al-Quds-Einheit ist keine Gruppierung der irakischen Rebellen, sondern die Elite der rund 125 000 Mann starken iranischen Revolutionsgarden, der Pasdaran, und untersteht direkt dem geistlichen Führer der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Ali Chamenei.

Die Verwicklung iranischer Spezialeinheiten in die irakische Gemengelage ist vor dem Hintergrund der amerikanisch-iranischen Spannungen wegen des Teheraner Atomprogramms von ganz besonderer Brisanz.

Am 14. Februar diesen Jahres warf US-Präsident George W. Bush al-Quds vor, die irakischen Rebellen mit leistungsfähigen Hohlladungen für Hinterhalte gegen US-Soldaten zu beliefern. Auch unterstützt al-Quds die Mahdi-Armee des radikalen irakischen Schiitenführers Muktada al-Sadr.

Die Al-Quds-Einheit, eine von fünf Teileinheiten der Revolutionsgarden, wurde Ende der 80er-Jahre aufgestellt, um die iranische Revolution zu exportieren – mit Gewalt. Es gibt Berichte, nach denen der jetzige Staatspräsident Irans, Mahmud Ahmadinedschad, ein früherer Pasdaran-Kommandeur, daran beteiligt war. Die Einheit hat Zugriff auf die erheblichen Ressourcen der Pasdaran, ihre Stärke soll mindestens mehrere Tausend Soldaten umfassen. Kommandeur ist seit 1998 Brigadegeneral Qassem Suleimani.

Ihr Hauptquartier wird auf dem Gelände der ehemaligen US-Botschaft in Teheran vermutet, eine weitere Zentrale soll sich in der irakischen Stadt Nadschaf befinden. In den Lagern Imam Ali in Teheran und im Lager Bahomar bei Karaj, 20 Kilometer westlich der iranischen Hauptstadt, soll al-Quds ausländische Terroristen ausbilden.

Die beiden taktischen Hauptziele der Al-Quds-Einheit sind zum einen die Erlangung einer iranischen Hegemonie über den Nahen Osten und zum anderen die Zerschlagung der amerikanischen Vorherrschaft. Manche Experten halten al-Quds aufgrund ihres Trainings, der Ausbildung und der Motivation sogar für eine der schlagkräftigsten Spezialeinheiten der Welt – auf Augenhöhe mit Truppen wie des britischen SAS, der israelischen Sayeret Matkal oder auch des deutschen KSK.

Al-Quds hat die Aufgabe, islamistische Bewegungen, inklusive Terrorgruppen, im Ausland zu unterstützen – mit Waffen, Ausbildern, aber auch mit direkten Operationen wie Terrorakten. Dazu ist die Truppe in acht Direktorate aufgeteilt. Eines davon betrifft die westlichen Staaten; so unterstützte al-Quds islamistische Kräfte in Bosnien während des Bürgerkrieges.

Ihre Kerneinsatzgebiete sind jedoch der Libanon – al Quds steht hinter der Bewaffnung und Ausbildung der ihr ideologisch sehr nahstehenden Hisbollah – sowie Afghanistan und der Irak. Al-Quds-Aktivisten arbeiten auch an wichtigen iranischen Botschaften, getarnt als diplomatisches Personal.

Al-Quds bedeutet in der Übersetzung "die Heilige" und ist der arabische Name für Jerusalem. Ein Hinweis darauf, welches Fernziel diese Eliteeinheit des iranischen Mullah-Regimes tatsächlich anpeilt.

erschienen am 6. Juli 2007