Thursday, March 28, 2024
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Was Teheran am meisten fürchtet

Von:Hamid Irani
Quelle:RFE/RL

Sample ImageWenn man über die iranische Außenpolitik nachdenkt, dann prägt sich uns sofort ein Bild ein und das ist das aufdringliche Bild des radikal fundamentalistischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Weniger bekannt ist die Anstrengung des Regimes, die Hauptopposition des Irans weiterhin auf den Terrorlisten führen zu lassen. Sie ist eine der Hauptprioritäten der Außenpolitik des Regimes.

 

Politiker der EU haben kein Geheimnis aus der Tatsache gemacht, dass es eine Bitte der iranischen Regierung war, die Volksmodjahedin Iran (PMOI, auch Modjahedin von Khalq) 2002 auf die Liste der terroristischen Gruppen zu setzen. Der „Wall Street Journal“ berichtete im Oktober 2008, dass Teheran die Listung der PMOI als terroristische Gruppe zu seiner diplomatischen Priorität gemacht hat.

In einem Bericht vom März 2008 sagte das Komitee für ausländische Angelegenheiten des britischen Parlamentes, das Parlamentarier, die den Iran im November 2007 besucht hatten, entsetzt darüber gewesen seien, wie oft sie auf den Fall der PMOI angesprochen worden wären. Die Parlamentarier haben den Eindruck gewonnen, dass es eine Art „Obsession“ (Zwangsvorstellung) gewesen sei. Es war auf ihrem Programm, sie wollten, dass wir uns dazu äußern und sie erwähnten dies in vielen Zusammenhängen.“

Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Was hat die PMOI, dass sie Ahmadinejads Regime in Angst versetzt?

Die PMOI ist ohne Frage die bestorganisierteste Oppositionsbewegung, die gegen das Ayatollahregime kämpft. In etwa 4000 Mitglieder, Männer und Frauen jeden Alters, befinden sich in Camp Ashraf im Irak. In den letzten drei Jahrzehnten ließ Teheran 120.000 Mitglieder der PMOI hinrichten. Eine Fatwa, die der geistige Führer Ruhollah Khomeini im Sommer 1998 verkündete und die später seine Vertreter umgesetzten, führte zu der Hinrichtung von 30.000 politischen Gefangenen, weil sie Mitglieder der PMOI waren.

Trotz der Repressalien bleibt die Gruppe die größte Bedrohung für die religiöse Theokratie. 2002 veröffentlichte die PMOI als erstes das geheime Atomwaffenprogramm der Mullahs und die Anreicherung von Uran in Schwerwasser Reaktoren, das Teheran zu einer internationalen Isolation und zu drei Runden des UN Sicherheitsrates führte.

Im Iran arbeitet die Gruppe an den Universitäten, um Anti- Regierungsproteste zu organisieren. Die staatlichen iranischen Medien verkündeten im November die Verhaftung von 20 Menschen im Nordiran für die systematische Versendung von SMS Nachrichten für die Unterstützung der Gruppe.

Die PMOI hat auch die Einmischung des Irans im Ausland bekannt gemacht und damit deutlich erkennen lassen, dass das iranische Regime versucht, seinen Einfluß auch auf seine Nachbarn auszudehnen. Aber das Wichtigste ist, dass die Opposition die Kapazität hat, das klerikale Regime mit einem demokratischen Wandel zu ersetzen und den Iran zu einer pluralistischen und säkularen Regierung zu führen.

Die dritte Option des Iran

Der nationale Widerstandsrat Iran (NWRI), mit dem Sitz seines Exilparlamentes in Paris, in dem die PMOI die führende Kraft ist, lehnt sowohl eine ausländische Militäroperation als auch die vom Westen verfolgte Apeasementpolitik gegenüber den Mullahs ab. Stattdessen plädiert sie für einen „dritten Weg“, in Form eines demokratischen Wandels durch das iranische Volk und seinen organisierten Widerstand. Über 70.000 Iraner versammelten sich im Juni 2008 in Paris, um ihre Unterstützung für die „dritte Option“ zu zeigen.  

Maryam Rajavi, die gewählte Präsidentin der Widerstandskoalition, hat die Regierungen in Europa sowie die Administration in den USA aufgefordert, ernsthafte Sanktionen gegen das Regime einzusetzen und zur gleichen Zeit die fehlgeleitete Politik zu beenden, die Teheran die Möglichkeit gab, Repressalien und Terrorismus anzuwenden.

Seit vielen Jahren drängt Frau Rajavi in verschiedenen europäischen Parlamenten darauf, dass die EU und die USA ihren Bann gegen die PMOI aufheben. Die Gruppe befindet sich seit 2002 auf der Terrorliste der EU, ein Jahr nachdem Großbritannien sie auf die Liste setzte. Europäische und US amerikanische Politiker sagten, dass der Bann das Ziel hatte, um mit den Mullahs verhandeln zu können, die eine wichtige Rolle im viertgrößten Öl-Exportland spielen.

Dennoch ordnete 2006 das europäische Gericht der ersten Instanz (CFI) die sofortige Delistung aufgrund von Verfahrensfehlern an. Ein Jahr später betrachtete der oberste britische Gerichtshof alle geöffneten und abgeschlossenen Beweismaterialien und erklärte, dass es „pervers“ und „beschädigend“ sein, die PMOI auf der Terrorliste zu belassen. Das Urteil wurde im Mai 2008 vom britischen Berufungsgericht unter Vorsitz des obersten Richters bestätigt und so wurde die Gruppe im britischen Unter- und Oberhaus nach einstimmigen Beschluß von der Terrorliste gestrichen.

Trotz der gerichtlichen Anordnung, den Bann nach den Beschlüssen aufzuheben, beließen der EU Rat der Minister auf Anfrage Frankreichs die PMOI auf der Liste. Präsident Nicolas Sakozy und seine Regierung setzten die 27 EU Mitgliedsstaaten unter Druck, auch eine zweite Gerichtsentscheidung vom 2008 zu missachten, die die Gruppe ebenfalls von der Liste annullierte.

Dann annullierte der europäische Gerichtshof der ersten Instanz zum dritten Mal den Bann der EU in Bezug auf die PMOI und verkündete ihr Urteil nach dem kürzesten Prozeß in seiner Geschichte innerhalb von nicht einmal 24 Stunden.

Die CFI Richter erklärten eindeutig, dass die EU illegal gehandelt habe, in dem sie die Gruppe auf der Liste beließ. Das Gericht lehnte auch eine Anfrage des EU Rates und Frankreichs ab, die Gruppe auf der Liste zu belassen, bis ein mögliches Berufungsverfahren abgeschlossen sei. Die EU muss nun bis zum Ende des Monats entscheiden, ob sie den Bann weiterhin aufrecht erhalten will und damit sieben britische und europäische Gerichtsurteile ignorieren will. Und es liegt an der neuen US Administration unter Barack Obama, die PMOI in den USA von der Terrorliste zu nehmen, nach dem die Gerichtsuntersuchungen keinerlei Schlüsse für terroristische Aktivitäten ergaben.

Wenn Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit irgend etwas in der heutigen Welt bedeuten, dann sollte die PMOI bald von ihrem Bann befreit werden und es sollte ihr erlaubt sein, all ihre Ressourcen im Hinblick auf einen demokratischen und säkularen Wandel im Iran zu nutzen. Es würde ein starkes Signal an die iranischen Menschen senden, dass die internationale Gemeinschaft nicht mehr länger gewillt ist, ein Regime zu unterstützen, dass seine Bevölkerung ausnutzt. Es wäre Treibstoff für die Möglichkeit eines Wandels. Und deshalb fürchtet das Regime die Delistung der PMOI.

Hamid Irani ist ein in London ansässiger Experte für iranische Angelegenheiten.