Der Beginn des Mehr, des ersten Herbstmonats im persischen Kalender, verbindet sich mit dem 23. September 2023 und bedeutet traditionell den Anfang des akademischen Jahrs im Iran.
Dieses Neuerwachen der Zentren des Wissens und der Aufklärung stellt für ein Regime, das sich hinter Repression verschanzt und das immer bestrebt war, Unwissenheit und Aberglauben zu nähren, eine erhebliche Bedrohung dar. Sobald Schulen und Universitäten ihre Tore öffnen, sieht sich das unterdrückerische und frauenfeindliche Regime dem lauernden Gespenst eines Wiederaufflammens der von Studenten und Jugendlichen geführten Aufstände gegenüber, die seine autoritäre Herrschaft von Grund auf in Frage stellen.
In den offiziellen Quellen ist von einer Zahl von über 12 Millionen Schülern auf verschiedenen Bildungsstufen die Rede, die in diesem neuen akademischen Jahr Bildungseinrichtungen besuchen, mit einer Million Lehrern, die sie anleiten. Außerdem sagt das Wissenschaftsministerium, dass mehr als 3,3 Millionen Studenten in diesem Jahr ihr Studium an den Universitäten aufnehmen mit mehr als 80 000 Professoren, die bereitstehen, sie in den dortigen Räumlichkeiten zu unterrichten.
Jedoch verbirgt das Regime nicht seine Hauptsorge und die Angst vor einer erneuten öffentlichen Erhebung zum Jahrestag der Aufstände von 2022, der mit dem Start des akademischen Jahres zusammenfällt.
Diese Furcht bestimmt ihre Bemühungen, jeden potentiellen Aufruhr zu unterdrücken und zu neutralisieren. Das verbindet sich mit der Hauptmission des Regimepräsidenten Ebrahim Raisi bei seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen, in der er die Welt davon überzeugen möchte, dass das Kleriker Regime nicht dabei ist, gestürzt zu werden.
Daher ist klar, dass jetzt, wo das neue akademische Jahr anfängt, die Hauptsorge des Regimes bleibt, wie es potentiellen Aufständen und Protesten entgegenwirken und sie unterwerfen kann.
Dieses Narrativ wirft ein Licht auf die Schlüsselrolle der Universitäten und Studenten, besonders der Studentinnen bei dem Aufstand von 2022 im Iran. Die akademischen Institutionen und ihre Studenten, namentlich die in Teheran, waren an der vordersten Front und lösten die Volkserhebung unmittelbar nach der Märtyrerschaft von Mahsa Amini aus. Ihr Weckruf hallte in anderen Universitäten wider und festigte ihre Pionierrolle während der ganzen Erhebung.
Bald nach den Personen an Universitäten schlossen sich Schüler dem sozialen Aufbegehren und der Volkserhebung an, wobei viele, besonders Schülerinnen, sich über gesellschaftliche Normen hinwegsetzten und heftige Slogans gegen das Regime skandierten, darunter „Tod für Khamenei“, und damit die wahrgenommene Autorität des Obersten Führers untergruben.
Anfänglich, das heißt in den ersten Tagen der Proteste, verhielt sich das Regime passiv gegenüber Studenten und Schüler, weil ein massives Vorgehen einen weiter gestreuten sozialen Rückschlag hätte auslösen können. Trotz beispielloser Angriffe wie der, dessen Zeuge man an der Sharif Universität und in mehreren Schulen wurde, fehlte es dem Regime an Möglichkeiten, effektiv den organisierten Versammlungen und Protesten der Studenten und Schüler entgegenzutreten wegen der Einigkeit und strukturierten Versammlung.
Diese Ausweglosigkeit führt zu einer finsteren und empörenden Strategie des Regimes zur Unterdrückung der Jugendlichen, weil konventionelle Vorgehensweisen zu gefährlich waren. und auch daran scheiterten, die Entschlossenheit zu einem Wandel zu verringern.
https://x.com/iran_policy/status/1585005366752202752?s=20
Beginnend im November 2022 setzte das Regime eine heimtückische und kalkulierte Welle von Giftanschlägen in Gang, wobei die schockierende Zahl von 280 Schulen in 28 Provinzen die Ziele bildeten. Was dies noch alarmierender macht, ist das Fehlen jeglicher Ansprüche auf Verantwortlichkeit und der Tatbestand, dass keine Person je dafür verhaftet oder strafrechtlich belangt wurde in Verbindung mit diesen Handlungen.
Das iranische Regime entwarf eine ausgedehnte Strategie, Studenten und Schüler zu unterdrücken und handlungsunfähig zu machen. Dazu gehörte ein Bündel an repressiven Maßnahmen, die sowohl auf Universitäten als auch auf Schulen zielten und die zentralen Punkte ins Visier nahmen, die den störrischen Geist der Erhebung in Gang hielten:
• Ausgedehnte Verhaftungen von Studenten, wobei ihnen erfundene Vorwürfe angehängt und schwere Strafen gegen sie verhängt wurden
• Willkürlicher Ausschluss von Studenten, was ihre Studienaussichten unterminiert und ihre Stimmen zum Verstummen gebracht hat
• Ausschluss von Professoren und Lehrpersonal, sofern die geringste Verbindung mit dem Aufstand oder eine Sympathie mit den Protestierenden sichtbar wurde
• Militarisierung der Universitäten, wobei den Sicherheitskräften ausgedehnte Befugnisse auf dem jeweiligen Campus gewährt wurden
• Fortgesetzte chemische Angriffe an Mädchenschulen, um junge Schülerinnen zu terrorisieren
• Verjagen von Studenten aus Schlafsälen und die Verwandlung von Universitäten in profitgierige Unternehmen
• Einschleusen von dem Regime verbundenen Gangstern unter dem Deckmantel von akademischem Stab, um die Studenten zu kontrollieren
• Ausgedehnte Verhaftungen von Lehrern und das Verhängen schwerer Strafen für die Verbindung zu dem Aufstand und den Studenten
• Erhöhen der Quoten für paramilitärische Basidsch und den Irakischen Hashd-Ashaabi [Milizen] an iranischen Akademien
Das neue akademische Jahr hat unter solchen Umständen angefangen, von denen Khamenei nur zu gut weiß, dass die Versammlungen einer rebellischen Generation, die durch eine Kultur des Widerstands aufgeklärt ist, die mit Intellekt bewaffnet und in den sozialen Medien sehr versiert ist, eine bedeutende Bedrohung darstellen und in jedem Moment den Funken eines Aufstandes entzünden können. Daher versucht er, den Beginn des Betriebs an den Universitäten zu verzögern und so weit wie möglich Online-Klassen voranzubringen.
Für Khameneis Regime stellt der Einzug einer „Armee“ von 12 Millionen Schülern und einer „Truppe“ von 3,5 Millionen Universitätsstudenten in ein Reich der Bildung und Versammlung ein „nationales Sicherheitsrisiko“ dar.
Daher wird das Regime zweifellos versuchen, das Unkontrollierbare zu kontrollieren und das Potential an Zorn und Unzufriedenheit, das sich angehäuft hat, wird definitiv zu mehr Konfrontation führen.
Die Existenz einer landesweiten resilienten Bewegung mit einer soliden Struktur und Organisation, die einer resilienten und standhaften Generation dient, ist ein Albtraum für ein Regime, das der Vergangenheit angehört. Wenn vier Jahrzehnte der Unterdrückung und des Massenmords an der iranischen Jugend daran gescheitert sind, sie auf die Knie zu zwingen, so wird ein alterndes und brüchiger gewordenes Regime damit auch nicht erfolgreich sein.