Verfaßt von Mohammad Sadat Khansari
den 29. Januar 2021
Der ehemalige italienische Außenminister Giulio Terzi und 20 weitere ehemalige Politiker der Europäischen Union haben eine Erklärung herausgegeben, in der es sich um die Implikationen eines Falles von Terrorismus handelt, über den derzeit ein belgisches Gericht verhandelt und in den ein ranghoher sogenannter Diplomat des iranischen Regimes verwickelt ist.
Dieser Terror-Diplomat namens Assadollah Assadi war der Leiter eines Bombenanschlages, das im Juni 2018 die vom Nationalen Widerstandsrat des Iran organisierte jährliche Versammlung „Freier Iran“ zum Ziel haben sollte.
Der iranische Diplomat Assadollah Assadi steht wegen Terrorismus vor einem belgischen Gericht
Aus Furcht vor dem im In- und Ausland zunehmeden Einfluß des iranischen Widerstandes kümmerte sich Teheran besonders im Gefolge eines nationalen Aufstandes am Ende des Jahres 2017 und Anfang des Jahres 2018 darum, ihm, dem iranischen Widerstand, einen Schlag zu versetzen. Die Funktionäre des Regimes unterstrichen die dabei führende Rolle der Hauptopposition des Iran, der Organisation der Volksmojahedin des Iran (PMOI/MEK).
Zu den Informationen über den Assadi-Prozeß gehört die Tatsache, daß er zwei seiner Mitverschwörer – und jetzigen Mit-Angeklagten – anwies, den Sprengkörper an sein Ziel zu bringen und ihn, wie er ihnen sagte, in größter Nähe zu der Leiterin der Opposition, der gewählten Präsidentin des NWRI Frau Maryam Rajavi, zu plazieren. Wenn diese Agenten auf ihrer Reise von Belgien zur französischen Grenze nicht aufgegriffen worden wären, hätte die Bombe sehr wahrscheinlich auch einige von den Dutzenden europäischer Gelehrter und Abgeordneter getötet, die sich in der Nähe von Frau Rajavi befanden.
Natürlich hätte die Detonation der Bombe, wenn sie denn erfolgt wäre, auch im allgemeinen Publikum zu zahllosen Todesfällen geführt. Es wird allgemein angenommen, daß die 500g von TATP, die den Agenten Assadis abgenommen wurden, ausgereicht hätten, um in dem überfüllten Raum der Versammlung hunderte von Menschen zu töten. Und bei den mehr als 100 000 Teilnehmern, die dorthin gereist waren, um an der Versammlung teilzunehmen, ist es wahrscheinlich, daß der Todeszoll aufgrund einer panischen Flucht noch höher ausgefallen wäre.
Diese Einzelheiten des Vorfalls unterstreichen die Notwendigkeit, daß die beiden Bombenleger, ihr Leiter und ein vierter Komplize, der schon vorher in die Versammlung „Freier Iran“ eingedrungen war, zur Rechenschaft gezogen werden. Entsprechend betont die Erklärung vom Donnerstag, daß die Verfolgung, die mit der Verlesung des Urteils in der nächsten Woche abgeschlossen werden soll, „notwendig“ ist, um das iranische Regime von weiterem Terrorismus auf europäischem Boden „abzuschrecken“. Aber die Erklärung beobachtet auch mit Recht, daß solche Abschreckung an sich nicht ausreicht und nur als erster Schritt zu einer umfassenderen Strategie diplomatischer Isolation gelten kann.
Statement by over 20 senior former European officials addressed to EU leaders:
Europe needs to be firm against #Iran’s state-sponsored terrorism.#EUTime4FirmIranPolicyhttps://t.co/clkrmitBcL pic.twitter.com/CNYyqpcrx4
— International Committee in Search of Justice (ISJ) (@isjcommittee) January 28, 2021
Terzi und eine Gruppe ehemaliger Regierungsbeamter aus mehr als einem Dutzend europäischer Länder erklärten: „Die Tätigkeit der Botschaften und religiösen sowie kulturellen Zentren des Iran muß untersucht werden.“ Sie fuhren fort: „Die diplomatischen Beziehungen zum Iran sollten verringert und von ernsthaften, verifizierbaren Verpflichtungen des iranischen Regimes abhängig gemacht werden.“ Außerdem heißt es in der Erklärung: „Die Europäische Union sollte das Geheimdienstministerium des Iran und sein IRGC in Gänze zu terroristischen Institutionen erklären.“
Solche Maßnahmen würden dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Und wichtiger: Sie alle sind längst überfällig. Das gilt auch für eine Verfolgung von der Art, wie sie sich derzeit in Belgien entfaltet. Obwohl Assadollah Assadi keineswegs der erste iranische Diplomat ist, der sich an terroristischen Operationen beteiligte, die entweder vom iranischen Regime oder seinen militanten Helfern unternommen wurden, ist er gleichwohl der erste, der wegen solcher Beteiligung in Europa tatsächlich vor Gericht gestellt wird. Seine Verhaftung war anscheinend sowohl für ihn selbst als auch für die leitenden iranischen Funktionäre eine Überraschung. Während der zweijährigen Ermittlung, die zu dem Prozeß führte, wurde Belgien mehrere Male mit dem Ziel seiner Freilassung unter Druck gesetzt – und dies im Sinne der absurd weitherzigen iranischen Vorstellung von diplomatischer Immunität.
Dieser Anspruch auf diplomatische Immunität ist bemerkenswert heuchlerisch, wenn er von den Behörden des Regimes erhoben wird. Denn es ist bekannt, daß sie allgemeine internationale Prinzipien wie etwa die doppelte Staatsbürgerschaft nicht anerkennen und somit Personen verhaften, wobei die Verhaftung nur durch Hinweis auf ihre Verbindungen zur westlichen Welt begründet wird. Doch damit nicht genug der Heuchelei. Außerdem hat sich Teheran darüber beschwert, daß Assadi angeblich zu wenig Kontakt mit seinem Anwalt eingeräumt worden sei; dabei werden im Iran „Fälle von Relevanz für die nationale Sicherheit“ ohne irgendeinen Zugang zu einem Rechtsbeistand verhandelt, wenn es nicht sogar – wie unlängst – zu gar keinem Prozeß kommt.
Assadi hat seinen Tag vor Gericht gehabt – oder richtiger: er hätte ihn gehabt, wenn er sich nicht geweigert hätte, persönlich vor Gericht zu erscheinen. Für die internationale Gemeinschaft wird es jetzt Zeit, weitere Schritte zu unternehmen, um das gefährliche Ungleichgewicht zwischen der Art, wie Teheran die Menschen behandelt, und der Art, wie es von ihnen behandelt werden will, ans Licht zu bringen. Die aufsässige Haltung Teherans ist ein Indiz dessen, daß die schon lange anhaltende Beschwichtigungs-politik des Westens in den Mullahs den starken Eindruck von Straflosigkeit erzeugt hat, wodurch sie nur zu immer weiteren Provokationen ermutigt wurden – welche in einem Terroranschlag kulminierten, der hunderten von angesehenen europäischen Politikern hätte das Leben kosten können.
Diese Tendenz zur Beschwichtigung mögen nicht alle Leser vor Augen haben, zumal Teheran oftmals zum Ziel oraler Verurteilung geworden ist. Doch verbale Kritik für sich wiegt wenig; sie muß am Ende durch eine Demonstration realer Konsequenzen gestützt werden, die für den Fall, das das verurteilte Handeln sich wiederholt, eintreten. Im Fall des Iran sind solche Konsequenzen selten gewesen; und immer verstrich zwischen ihnen viel Zeit. Manchmal haben europäische Behörden ihre Linie verlassen, um sicher zu stellen, daß der Iran den Konsequenzen entgeht.
Im Jahre 1990 überfiel und ermordete eine Gruppe von Schützen Kazem Rajavi, den Vertreter des NWRI in der Schweiz. Zwei Jahre später wurden zwei Mitglieder dieser Gruppe in Frankreich verhaftet. Doch statt vor Gericht gestellt zu werden, wurden sie bald zum Flughafen begleitet und nach Hause geschickt, wobei ein französischer Richter vage erklärte, dies Beispiel von Beschwich-tigung liege im Interesse der nationalen Sicherheit.
Geschichten wie diese machen klar, daß die Verfolgung Assadis an sich in der Geschichte der iranisch-europäischen Beziehungen einen bemerkenswerten Meilenstein darstellt. Seine Verurteilung, die alles andere als gewiß ist, wäre ein weiterer Meilenstein. Doch was vielleicht noch wichtiger ist: Sie wäre ein Zeichen möglicher Bewegung in Richtung eines weniger versöhnlerischen Umgangs mit dem Regime.
Bekannte Politiker wie Giulio Terzi und Gruppen wie das Internationale Komitee „Auf der Suche nach Gerechtigkeit“ haben eine konzertierte Anstrengung unternommen, um der internationalen Gemeinschaft zu zeigen, wohin solche Bewegung führen könnte. Wenn die Schwere von Assadis Verbrechen vor einem internationalen Publikum festgestellt wird, muß es darauf achten, daß es diesen Fall nicht für eine Anomalie hält. Die Politiker und Journalisten müssen sich dazu entschließen, daß sie die Überlappung der diplomatischen und der terroristischen Netzwerke des iranischen Regimes genauer beobachten und alle möglichen Schritte unternehmen, die geeignet sind, das eine von dem anderen zu trennen.
Letztlich ist es das iranische Regime selbst, das diese Veränderung unternehmen muß. Die internationale Gemeinschaft kann die Beziehungen verringern und die Sanktionen steigern, um in diesem Sinne Druck auszuüben. Doch wenn Teheran sich auch dann noch weigert, hat der Westen nur noch die Möglichkeit, die Beziehungen zum iranischen Regime abzubrechen und auf diese Weise das terroristische Netzwerk zu isolieren.