Saturday, July 27, 2024
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Wer war Mohammad Reyshahri?

Mohammad Reyshahri, der ehemalige Leiter des iranischen Geheim-dienstes und ranghoher Mitarbeiter der Justiz, ist am 22. März 2022 gestorben

Mohammad Mohammadi Nik, auch bekannt unter dem Namen Mohammad Mohammadi Reyshahri und „Richter des Todes“, einer der wichtigsten von den Funktionären, die nach der Revolution von 1979 politische Dissidenten von allen Teilen des Iran an den Galgen schickten, ist unlängst gestorben – am 21. März 2022. (Oben steht „am 22. März“ – L. W.) Reyshahri war während der vergangenen vier Jahrzehnte an den erheblichen Entscheidungsprozessen des Regimes wesentlich beteiligt und spielte bei den Massakern an politischen Gefangenen, die direkt von Ruhollah Khomeini, dem ersten Höchsten Führer des Regimes, angeordnet wurden, eine führende Rolle.

Aufgrund der Befehle Khomeinis wurde Reyshahri zunächst auf einen Posten der sog. Justiz des Regimes berufen; darnach wurde er zum leitenden Richter der konventionellen Militärgerichte des Regimes ernannt. Durch die Hinrichtung patriotischer Jugendlicher des Militärs und der Gemeinschaft der Dissidenten bewies er seine Loyalität gegenüber Khomeini; im Jahre 1984 wurde er zum Minister für Nachrichten und Sicherheiten (MOIS) ernannt; er beaufsichtigte das Massaker an politischen Gefangenen des Jahres 1988 als Leiter des Geheimdienstes des Regimes. Bis zu seinem Tode arbeitete Reyshahri als dessen Generalstaatsanwalt, Staatsanwalt des Sondergerichts des Klerus, Aufseher der Iraner bei ihrer Pilgerreise nach Mekka in Saudiarabien, Mitglied des Wächterrates und des ultrakonservativen Expertenrates.

Nach seinem Tode erließ der Höchste Führer des Regimes, Ali Khamenei, eine Botschaft, in der er ihn als „einen revolutionären Geistlichen“ und einen „beispiellosen Würdenträger“ (!) bezeichnete. Andere hohe Funktionäre des Regimes taten es ihm gleich.

Mohammad Bagher Ghalibaf, Sprecher der Majlis (des Parlaments) sagte nach der offiziellen Nachrichtenagentur des Regimes IRNA am 22. März: „Das Format dieses revolutionären Geistlichen spielte in seinen verschiedenen Positionen eine entscheidende Rolle für die Sicherheit und Stärke des Landes.“

Ahmad Jannati, der Leiter des Expertenrates und des aus Hardlinern bestehenden Wächterrates des Regimes, bezeichnete als die Eigenschaft, die Reyshahri am meisten charakterisierte, die Art, wie er Khomeini bei der Unterdrückung jugendlicher Dissidenten und insbesondere der iranischen Opposition „Organisation der Volksmo-jahedin (PMOI) diente. „Im ersten Jahrzehnt nach der Revolution diente Reyshahri dem Staat durch seine Konfrontation mit mehreren Aufständen,“ sagte Jannati am 22. März nach der halb-offiziellen Nachrichtenagentur ILNA.

In seinen Memoiren spricht Reyshahri von der „bedeutenden“ Rolle, die er bei den Verbrechen des Regimes und dem Machterhalt der Mullahs gespielt hat. „Es gab jeden Tag Nachrichten von Demonstrationen und Unruhen mit militärischem Charakter in einer Provinz. Die PMOI/MEK forderte die Reihen des Militärs zur Organisation von Kampagnen des Ungehorsams auf. … Funktionäre führten einen Beschluß herbei, der besagte, es sei die Einrichtung eines Militärgerichts notwendig, um der Verschwörung dieser Gruppen innerhalb des Militärs zu begegnen“ – so eine Mitteilung am 24. März, die von der Nachrichtenagentur Mehr, einem mit dem MOIS verbundenen Organ, ausgestrahlt wurde.

Nur wenige Tage nach der Revolution im Iran, am 11. Februar 1979, wurde Reyshahri von Khomeini zum Richter mit uneingeschränkter Vollmacht ernannt. Er erhielt den Auftrag, überall im Lande Känguru-Prozesse durchzuführen und die Hinrichtung von Dissidenten in Kurdistan zu befehligen – in den turkmenischen Gegenden der Sahra. die im Nordosten des Iran liegt.

Ein Bericht der Deutschen Welle berichtete am 23. März über den Hintergrund Reyshahris. Darin heißt es: „Während der Proteste in dem turkmenischen Sahra, die im März 1980 begannen und bis April 1981 anhielten, wurde Reyshahri als ranghoher Justizbeamter in die Stadt Gonbad Kavous entsandt und erließ dort eine große Zahl von Todesurteilen.“

Ein weiteres Verbrechen während der Zeit, in der Reyshahri Minister des Geheimdienstes war, bestand in dem Massaker in Mekka, dem am 31. Juli 1987 muslimische Pilger zum Opfer fielen. Die Revolutionsgarden des Regimes (IRGC) führten Befehle Khomeinis aus; dabei wurden mehr als 1000 Menschen getötet bzw. verletzt, darunter 275 Iraner ermordet und 303 Iraner verletzt.

Ein Bild, das nach dem mekkanischen Vorfall im Jahre 1987 aufgenommen wurde, als während der Pilgerreise Haj iranische Unruhestifter mit Sicherheitskräften Saudiarabiens zusammenstießen

„Der geheime Brief Reyshahri im Sommer 1988 war ein Vorwand; er führte zu der Hinrichtung politischer Gefangener aufgrund einer Fatwa Khomeinis. Mostafa Pourmohammadi repräsentierte Reyshahri unter den Mitgliedern der Todeskommission.“ – So der Bericht der Deutschen Welle am 23. März.

In einem Interview mit der staatlichen Tageszeitung „Etemad“ versicherte Mousavi Tabrizi am 15. August 2019: „Die Hinrichtungen des Jahres 1988 begannen mit einem Brief, den Reyshahri als Geheimdienstminister des Regimes an Khomeini schrieb.“

Mousavi Tabrizi antwortete auf die Frage eines Reporters von „Etemad Online“, warum das Dossier von 1988 niemals gelöst wurde: „Da müssen Sie Reyshahri fragen; er war damals der Geheimdienst-minister; diese Angelegenheit begann in seinem Ministerium. Es war Reyshahri, der an Khomeini einen Brief schrieb. … Reyshahri war in der Geschichte der Islamischen Republik ein bedeutender Richter an den politischen Gerichten. Mostafa Pourmohammadi, (der Präsident des Regimes) Ebrahim Raisi, Morteza Esh-Ali Nayeri – sie alle gehörten zu den Funktionären, die über die Hinrichtung von Häftlingen entschieden.“

Während der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts gründete Reyshahri ein größeres wirtschaftliches Kartell, das unter dem Namen „Foad Rey Holding“ bekannt wurde und angeblich der Finanzierung einer religiösen Einrichtung diente. Es war direkt Khamenei unterstellt. Zu den Mitgliedern dieses Kartells gehörten Kabinetts-Minister und Mitarbeiter des persönlichen Büros Khameneis. Es war einer der wichtigsten Aktien-Besitzer der Persischen Bank, der größte Betreiber des Fleischexports und der Eigentümer einer der größten Farmen des Irans in der Türkei.

Wie in jedem Teil der Welt wurden Personen in Teheran – trotz gewaltiger Unterschiede bei der Einschätzung von Verdiensten – in hohe Positionen aufgrund der Prioritäten des Regimes berufen. Mohammad Reyshahri erklomm die Leiter der Hierarchie durch Säuberung von Insidern und Dissidenten – in erster Linie aus den Reihen der MEK; seine Berufung zum Geheimdienstminister war der ‚beste‘ Teil seiner „beruflichen Laufbahn“. Sein Tod mag der Welt von heute wenig bedeuten, doch die Zeit, die er auf Erden ver-bracht hat, spricht Bände über die in Teheran gültigen Prioritäten und das System, dessen Belohnungen von der Feindseligkeit des Regimes gegenüber jenen, die es am meisten fürchtet, begründet werden.