Saturday, July 27, 2024
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Amerikanische Parlamentarier geraten in einen Streit mit Iraks Premier al-Maliki über die Ermordung von Iranern

Von ROY GUTMAN
McClatchy Newspapers
Nach einem „sehr freimütigen“ Meinungsaustausch mit dem irakischen Premierminister Nouri al-Maliki gab ein prominenter Republikaner, Mitglied des Repräsentantenhauses am Freitag bekannt, sein Unterausschuß prüfe, ob von al-Maliki befehligte Truppen ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ begangen hätten, als sie, am 8. April, in einem nördlich von Bagdad gelegenen Lager 35 iranische Dissidenten töteten.

In Reaktion auf die Behauptungen des aus Kalifornien stammenden Republikaners Dana Rohrabacher bat al-Maliki die US-Botschaft, umgehend die amerikanische Delegation aus dem Irak ausreisen zu lassen – so Regierungssprecher Ali Dabbagh im Alhurra-Fernsehen.

Es ist für einen Kongreßausschuß während eines offiziellen Besuchs in einem anderen Land höchst ungewöhnlich, Handlungen der gastgebenden Regierung auf ihrem eigenen Gebiet untersuchen zu wollen, und es ist ebenso selten, daß eine offizielle Delegation zum Verlassen des Landes aufgefordert wird. Tatsächlich hat der Schachzug von Herrn Rohrabacher ein Ereignis ins Licht gerückt, das die US-Botschaft und das State Department zu einem Disput zwischen den beiden Ländern hinunterzuspielen versucht hatten.

Rohrabacher unternahm keinen Versuch, seine Absicht in diplomatische Sprache zu kleiden, als er in der US-Botschaft den Journalisten gegenübertrat. „Wir ermitteln, weil wir erkennen wollen, ob der Tod dieser Kombattanten durch kriminelles Handeln verursacht wurde,“ sagte Rohrabacher nach dem Treffen mit al-Maliki, das 1 Stunde und 40 Minuten gedauert hatte.

„Die Tötung unbewaffneter Menschen, gleichviel in welcher Absicht, ein Massenmord wie dieser, eine bewußte Tötung unbewaffneter Zivilisten ist eine verbrecherische Handlung, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und wir befinden uns auf einer Ermittlungsreise, um einige der relevanten Tatsachen zu sichern,“ sagte Rohrabacher, der Vorsitzende des Unterausschusses des Auswärtigen Ausschusses des Repräsentantenhauses für Ermittlungs- und Aufsichts-angelegenheiten.

Das Mitglied des Repräsentantenhauses Russ Carnahan von Missouri, ranghohes Mitglied des Unterausschusses von den Demokraten, stand Rohrabacher, während er sprach, zur Seite, ebenso vier weitere Kongreßmitglieder. Nur einer von den sechs Mitgliedern, das Mitglied des Repräsentantenhauses Jim Costa (Demokrat aus Kalifornien) sagte, es gebe „Differenzen“ innerhalb der Delegation hinsichtlich der Bedeutung des Vorfalles im Lager Ashraf im Verhältnis zu anderen Angelegenheiten.

Zu der Delegation gehörten auch der Repräsentant Ted Poe, Republikaner aus Texas, ein Mitglied des Unterausschusses, Louie Gohmert, Republikaner aus Texas, sowie Jeff Duncan, Republikaner aus South Carolina.

Die irakische Regierung wies auch das andere Ansinnen, das Rohrabacher während des Treffens äußerte, zurück, nämlich daß „der Irak, wenn er zu einem reichen und prosperierenden Land werde, in Erwägung ziehen möge, den Vereinigten Staaten einige der Mega-Dollars zurückzuzahlen, die wir hier in den letzten acht Jahren ausgegeben haben.“

Der irakischer Sprecher Dabbagh sagte: „Vielen Dank für die Befreiung des Irak, aber es tut mir leid, Sie werden keinen Cent bekommen.“

In einem Interview sagte Rohrabacher: „Zu keiner Zeit sahen wir Anzeichen dafür, daß der Premierminister unsere Befragung über das Lager Ashraf übel nehme.“ Weder der US-Botschafter noch der ranghohe Mitarbeiter der Botschaft, der die Delegation nach Erbil begleitete, erwähnte, daß die Regierung sie zur Ausreise aufgefordert habe. Doch später sagte Rohrabacher: „Vielleicht geriet er hinterher ins Toben über das, was er an uns als Unverschämtheit empfand. …“

Der Überfall des 8. April, der nach Rohrabacher 100 Verletzte zurückließ, war der letzte in einer Reihe von Anstrengungen der irakischen Regierung, die Anwesenheit von 3 500 iranischen Freiheitskämpfern zu beenden, die unter Saddam Hussein von irakischem Boden aus gegen die theokratischen Beherrscher des Iran gekämpft hatten und dort hängen blieben, als die Invasion der USA im Jahre 2003 dem Diktator das Handwerk legte.

Bekannt als die „Volksmojahedin des Iran“ oder MEK (nach den Anfangsbuchstaben ihrer persischen Bezeichnung) befand sich die Gruppe mehr als 10 Jahre lang auf der Terrorliste der USA – und dies trotz enormen juristischen und politischen Aufwands der MEK, von ihr gestrichen zu werden.

Der Überfall diente einem militärischen Zweck: Nach Angaben von Regierungsvertretern der USA reduzierte er die Größe des „Lagers Ashraf“, wo die Gruppe seit vielen Jahren lebt, um etwa ein Drittel.

Der Überfall wurde von vielen früheren Spitzenmitgliedern des Nationale Sicherheitsrates der Vereinigten Staaten verurteilt; vielen von ihnen wurden für ihre Reden fünfstellige Summen von der in Paris beheimateten MEK gezahlt – so nach dem Bericht von Vertretern der MEK.

Rohrabacher bat darum, daß der Delegation der Besuch des Lagers Ashraf gestattet werde, sagte aber, daß die irakische Regierung diese Erlaubnis verweigerte.

„Die MEK gilt in den USA als terroristische Organisation,“ hatte Dabbagh schon früher zu McClatchy gesagt. „Wir möchten die Administration fragen, ob sie eine terroristische Organisation auf ihrem Gebiet akzeptieren kann. Und wenn sich solch eine Organisation auf amerikanischem Boden befände, würden Sie dann anderen Ländern erlauben, sie zu besuchen und sie sich anzusehen, oder wäre sie nicht ausschließlich eine Angelegenheit der amerikanischen Souveränität?“

Er sagte, wenn die Vereinigten Staaten über das Schicksal der MEK-Mitglieder besorgt seien, „würden wir sie bitten, sie bei sich aufzunehmen oder ihre Aufnahme in andere Länder zu unterstützen.“

Zu Beginn des vorigen Monats besuchte ein ranghoher Vertreter der US-Regierung das Lager Ashraf und schlug den Umzug der iranischen Dissidenten an einen anderen Ort des Irak vor, doch die Führung der MEK in Paris wies den Vorschlag zurück; seine Verwirklichung käme der Einweisung in ein Konzentrationslager gleich. Dabbagh sagte am Freitag, die Regierung könne, wenn sie wolle, solchen Schritt anordnen.

„Wann immer die irakische Regierung sich dafür entscheidet, sie an einen besseren Ort umzusiedeln, wird diese Entscheidung umgesetzt werden,“ sagte er. „Bisher liegt darüber keine Entscheidung vor.“

Poe sagte vor Journalisten, er sei „tief enttäuscht“ darüber, daß ihm der Zugang zum Lager Ashraf verweigert worden sei. Er forderte die Streichung der MEK von der amerikanischen Liste ausländischer Terror-Organisationen.

Gohmert sagte, unter den Fragen, die der Unterausschuß zu beantworten hoffe, sei die, ob jemand den US-Truppen, die bis zum Vorabend des irakischen Überfalls im Lager Ashraf gewesen waren, befohlen habe, es zu verlassen, sowie die andere, „wer die Tötungen angeordnet habe“.
Costa sagte gegenüber McClatchy, der Überfall auf die MEK sei „eine ernste Angelegenheit“; das Problem bestehe schon seit Jahren. „Mit Sicherheit muß über die Todesfälle Rechenschaft abgelegt werden; wir haben das dem Premierminister gesagt; und eine Untersuchung dessen, was dort stattfindet, ist notwendig.“

Doch sagte er auch, die wichtigere Frage sei, ob die Vereinigten Staaten und der Irak in der Sache, die jetzt zu erledigen sei, Erfolg haben werden: in der Übergabe der Verantwortung von den Vereinigten Staaten an die irakischen Truppen, sowie für al-Maliki, ob es ihm gelingen werde, die von seiner Regierung eingegangenen Verantwortlichkeiten zu erfüllen, wie überhaupt diese Regierung zum Erfolg zu führen.

„Das ist die größere Perspektive – im Verhältnis zu der Untersuchung dieses Vorfalls,“ sagte er.

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