Thursday, March 28, 2024
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Weitere 8 Iraner warten auf ihre Hinrichtung

Eight Other Pending Executions in IranNewsweek – Sakineh Mohammadi Ashtiani ist im Tabriz Gefängnis (Nordwestiran) seit 2005 inhaftiert, erhielt 99 Stockschläge und ist wegen Ehebruch zur Steinigung in der Öffentlichkeit verurteilt. Bis Juni 2010 waren diese Fakten nur einer Handvoll Menschen bekannt, die still im iranischen Rechtssystem arbeiteten.

Jetzt füllt die Geschichte von Ashtiani die Nachrichtenblätter und Webseiten auf der ganzen Welt und ihr Name und die genauen Details ihres Falles sind bekannt.

Richter, die eher nach „Weisheit“ denn nach Beweisen geurteilt haben, um sie schuldig zu sprechen, nutzten ein Schlupfloch im iranischen Rechtssystem. Doch selbst unter rechtlichen Standards gesehen ist dieser Fall ein Betrug. Ashtiani hatte bis kurz vor Ende des Berufungsverfahrens keinen Anwalt, obwohl sie nicht einmal Farsi, die Sprache vor Gericht, beherrschte, so das Internationale Komitee gegen Hinrichtungen (ICAE). Sie gab, ihren Aussagen zu Folge, ein erzwungenes Geständnis ab.  Dennoch verurteilte sie Gericht nach Gericht zum Tode, bis alle rechtlichen Wege ausgeschöpft waren.

Ihr Anwalt, Mohammad Mostafai, ein gelegentlicher Verteidiger von Klienten, die zum Tode verurteilt werden sollen und ihre Kinder Sajjad (22) und Fasride (17) entschieden sich, an die Öffentlichkeit zu gehen, um ihre Geschichte in dem Blog des Anwalts zu zeigen. Alle gingen dabei ein großes Risiko ein. Während Mostafai bekannt genug ist, um eine Verhaftung unwahrscheinlich zu machen, haben die Kinder diesen Schutz nicht, sagt Ahmad Fatemi von ICAE. Sajjad wurde vor kurzen im Geheimdienstbüro des Gefängnisses in Tabriz verhört – eine Aktion, die eine klare Nachricht sendete: „Hier ist der Teil des Gefängnisses, wo die Folterungen statt finden. Wenn sie so etwas tun, dann üben sie Druck auf die Person aus“, erzählt er gegenüber NEWSWEEK. Sajjad, so berichten Quellen im Iran, war weise genug, die Verhöre nicht zu ignorieren.

Der Vorsitzende der iranischen Justiz, Ajatollah Sadeq Larijani, hat die Macht, Hinrichtung zu stoppen und eine Empfehlung an den obersten Führer des Landes auszusprechen, in der er ihn um eine Begnadigung für Verbrechen gegen Gott oder den Staat bittet. Für Verbrechen gegen Personen, wie zum Beispiel Mord, hat die Familie des Opfers das letzte Wort.

In der letzten Woche sagten iranische Vertreter, dass der Fall wegen „humanitärer Gründe“ noch einmal begutachtet wird, doch das Ergebnis ist so unklar wie Ashtianis Schicksal. Dass die Begutachtung an dem internationalen Druck liegt, wurde energisch bestritten und habe keine Auswirkung auf die Entscheidung und sie verhängten eine Nachrichtensperre im Iran über diesen Fall. Dennoch, so die ICAE, haben zwei örtliche Zeitungen Aussagen des Vorsitzenden der Justiz in Tabriz zitiert, der gesagt hat, die Hinrichtung sei bevorstehend. Dies ist ein Widerspruch zu dem, was der iranische Menschenrechtsvorsitzende Mohammad-Javad Larijani gesagt hat. Der ICAE hat auch ein Dokument, welches zeigt, dass der oberste Gerichtshof ein erneutes Aufrollen des Falls genehmigt hat. Eine Nachfrage des NEWSWEET an die iranische Mission in New York hingegen wurde nicht beantwortet.

Es gibt weiterhin keine Garantie, dass Ashtiani frei gelassen wird, sie hat jedoch aufgrund der internationalen Aufmerksamkeit eine bessere Chance als die anderen ca. 140 anderen Insassen, die allein in Tabriz unbeachtet von der Welt auf die Todesstrafe warten, so die Zählung der ICAE. Eine genaue Zählung der Gefangenen, die im Iran auf die Hinrichtung warten, ist nicht zu erfahren. Die iranische Regierung veröffentlicht keine Hinrichtungstage und viele Hinrichtungen im Iran werden gar nicht erwähnt, Anwälte und Familien werden oft erst nach der Hinrichtung in Kenntnis gesetzt.

135 Hinrichtungen wurden bisher im Iran bekannt gegeben. Dies sind die Berichte, die überprüft werden können. Die Zahl ist weiter steigend.

Menschenrechtsexperten, welche den Anstieg im Iran verfolgen sagen, dass der Iran sich in die dunkle Zeit von 1988 zurück bewegt, wo der Staat mehr als 3000 Iraner, hauptsächlich für politische Verbrechen, hinrichtete. Obwohl die meisten Hinrichtungen wegen Mord und Drogendelikten ausgeführt werden, können sie auch für sexuelle und politische Verbrechen wie Ehebruch, Sodomie, Korruption und der breiten Definition des „Feindes gegen Gott“ verhängt werden. Besonders problematisch sind die Verhandlungen selbst, welche oft Standards der Fairneß und Behandlung nach dem internationalen Vertrag für zivile und politische Rechte vermissen lassen. Der Iran hat diesen Vertrag unterschrieben. Gefangene berichten über Folter, einem Ausschluß von Kommunikation nach außen, fehlende Anklagen und Geständnissen unter Zwang, welche zur Todesstrafe führen. Der Iran läßt außerdem mehr Minderjährige hinrichten als jedes andere Land in der Welt.